Analyse: Ein Kontrapunkt zum Linksruck Südamerikas

Erstmals seit Ende der Diktatur Pinochets schlägt das Pendel in Chile nach rechts aus.

Santiago de Chile. In den vergangenen Jahren ist Südamerika immerweiter nach links geschwenkt. Ein Land nach dem anderen wähltelinksgerichtete Politiker an die Macht: Hugo Chávez in Venezuela, EvoMorales in Bolivien oder Rafael Correa in Ecuador.

Doch in Chilegab es bei der Präsidentenwahl am Sonntag diesmal etwas Neues: DasPendel schlug nach rechts aus, der konservative Kandidat SebastiánPiñera erzielte 44 Prozent. Das waren 14 Prozentpunkte mehr als für denKandidaten der Mitte-Links-Koalition Concertación, den Ex-PräsidentenEduardo Frei. Aber nicht genug für einen Sieg.

Deshalb fällt dieEntscheidung nun erst am 17. Januar in einer Stichwahl zwischen denbeiden Kandidaten. Und dabei dürfte es der Concertación schwer fallen,den ersten Sieg der Konservativen an der Wahlurne seit 1958 zuverhindern.

Piñera feierte seinen Wahlerfolg denn auchsiegessicher als "Triumph des Wandels". Den Sieg in der erstenWahlrunde widme er "denjenigen, die ihn am meisten benötigen, denArmen", sagte der vielfache Millionär, der als einer der 700 reichstenMenschen der Welt gilt. 20 Jahre nach dem Ende der Pinochet-Diktaturkönnten somit diejenigen politischen Kräfte, die dem Diktator damalsnahe standen und sich inzwischen erheblich gewandelt haben,demokratisch an die Macht kommen.

Die Concertación gibt sich jedoch noch nicht geschlagen. Bei derStichwahl werde um jede Stimme gekämpft, kündigte der Sprecher Freis,der Senator Jorge Pizarro, an. Und wie das gehen soll, deutete Frei,der auf nur 29,62 Prozent kam, schon kurz nach Bekanntgabe derWahlergebnisse an. Er rief die Wähler des Dissidenten der Concertación,des jungen charismatischen Cineasten Marco Enríquez Ominami (20,12Prozent), und die des Kandidaten der Linken, Jorge Arrate (6,21Prozent), auf, in der Stichwahl für ihn zu stimmen.

Ominami abererteilte dieser "Einladung" eine Absage. Sein Wahlergebnis sei Ausdruckeiner "Botschaft der Wähler", über die er nicht bestimmen könne undwolle.

Schätzungen zufolge könnten bis zu einem Drittel seinerWähler in der Stichwahl für Piñera stimmen. Auch Arrate machte nochkurz vor der Wahl klar, dass er dem Christdemokraten Frei "keinenBlankoscheck" ausstellen werde.