Auf dem Arbeitsmarkt fallen die Schranken
Ab 1. Mai brauchen Osteuropäer keine Erlaubnis mehr. Droht jetzt eine Zuwanderungswelle?
Brüssel. Am Sonntag, am Tag der Arbeit, öffnet sich der deutsche Arbeitsmarkt nach Osten. Menschen aus acht osteuropäischen EU-Staaten dürfen dann ohne Arbeitserlaubnis hierzulande arbeiten.
Experten sind uneins über die Folgen der neuen Freizügigkeit. Einige befürchten Lohndumping, wenn Billigarbeitskräfte hier einen Job suchen. Andere erwarten, dass die deutsche Wirtschaft profitiert. Viele Firmen finden nicht genug Fachkräfte. Zugleich sinkt Deutschlands Einwohnerzahl und damit die Zahl der Erwerbstätigen. Die EU-Kommission glaubt, dass die Öffnung des Arbeitsmarkts Deutschland nutzt: Die Bundesrepublik habe europaweit eine der geringsten Arbeitslosenquoten.
Für Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen. In diesen Staaten, die seit 2004 zur EU gehören, leben 74 Millionen Menschen. Deutschland und Österreich hatten ihre Arbeitsmärkte als einzige der „alten“ EU-Länder so lang wie möglich — für sieben Jahre — gegen diese Staaten abgeschottet. Für die zwei EU-Länder Rumänien und Bulgarien läuft diese Übergangsfrist spätestens Ende 2013 ab.
Eigentlich ist ein EU-Grundrecht, dass europäische Arbeitnehmer in anderen Mitgliedsstaaten ohne Arbeitserlaubnis arbeiten können. Doch Deutschland fürchtete Nachteile für Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte, wenn Osteuropäer „einfach so“ hier Arbeit suchen.
„Heute ist die Situation eine völlig andere“, betont das Arbeitsministerium mit Blick auf die Konjunkturlage. „Wirtschaft und Arbeitsmarkt in Deutschland haben die Wirtschaftskrise erheblich besser verkraftet als anfangs prognostiziert.“ Und die osteuropäischen Staaten seien seit ihrem EU-Beitritt wirtschaftlich erstarkt; sie böten Bürgern heute bessere Perspektiven und Löhne.
Zugleich habe sich der deutsche Arbeitsmarkt während der siebenjährigen Übergangszeit schrittweise geöffnet.
Manches werde billiger, so das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung: „Der Einsatz von Arbeitskräften aus Mittel- und Osteuropa dürfte dazu führen, dass einige Güter und Dienstleistungen preisgünstiger angeboten werden.“ Insgesamt dürfte das die Löhne in Deutschland aber nicht drücken.