Versteckt sich Gaddafi in seinem Tunnel- und Bunkersystem?
Der libysche Diktator investierte Milliarden in seine Sicherheit. Das könnte ihm nun helfen.
Tripolis. Das Hauptquartier des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi ist gefallen, doch von dem 69-jährigen Tyrannen und seiner Familie gibt es keine Spur.
Versteckt er sich in dem riesigen Tunnel- und Bunkersystem, das sich unter seinem Militärkomplex in der libyschen Hauptstadt Tripolis erstreckt? Oder gelang es ihm doch, die Stadt rechtzeitig zu verlassen?
„Es gibt Informationen, wonach er sich noch in Tripolis verbirgt“, sagt Ahmed Jabril, Sprecher des Übergangsrates der Opposition. Auch wenn andere Leute behaupteten, dass er die Stadt Richtung Süden verlassen habe. Entscheidend sei, dass er möglichst bald gefangen genommen werde. „Gaddafi ist nicht länger der Führer dieses Landes.“
Man weiß, dass Gaddafi, der sich stets große Sorgen um seine Sicherheit machte, viele Milliarden Dollar in den Bau riesiger unterirdischer Bunker- und Tunnelanlagen im ganzen Land investierte.
Von seiner Hauptresidenz im von den Rebellen eroberten Militärkomplex Bab al-Azizia sollen geheime Röhren unter der Stadt entlangführen. Ein Labyrinth, über das angeblich auch der Airport, der Hafen und getarnte Ausgänge an verschiedenen Orten der Stadt erreichbar sind.
In der ostlibyschen Stadt Al-Bayda fand man einen Bunker, in dem er nach Zeugenberichten „Monate hätte überleben können“. Mit Luft-, Wasser- und Stromversorgung — und atombombensicher. Ein ähnliches Versteck soll sich in Gaddafis Geburtsstadt Sirte befinden sowie in der Wüstenstadt Sabha, wo Gaddafis Volksstamm lebt.
Zudem ranken sich wilde Gerüchte um das unterirdische Bewässerungssystem, mit dem Gaddafi Trinkwasser aus den Tiefen der Sahara in die Küstenstädte pumpen lässt. Der „Große menschgemachte Fluss“, wie Gaddafi das Projekt taufte, umfasst 3000 Kilometer Rohrleitungen, mehr als 1000 Brunnen, dutzende künstliche Wasserspeicher.
Weil die Rohre vielerorts einen Durchmesser von vier Metern haben, hegten westliche Geheimdienste immer wieder den Verdacht, dass der „große Fluss“ auch militärischen Zwecken dienen könnte.
Etwa zu geheimen Truppentransporten, als Waffenversteck oder Fluchtweg. Das Röhrensystem, das in 30 Jahren Bauzeit fertiggestellt wurde, kostete 25 Milliarden Euro. Es verbindet unter anderem Tripolis, Sirte, Sabha und Bengasi.
Westliche Spionagesatelliten und Überwachungsflugzeuge durchkämmen nun die libysche Wüste, um den Diktator aufzuspüren.
Doch auch eine Flucht Gaddafis und seines Clans ins Ausland ist nicht auszuschließen. Das Regime in Algerien soll Gaddafi zuletzt diskret unterstützt haben. Venezuela und Nicaragua sympathisieren offen mit Gaddafi.