Das große Geschäft mit der kleinen Waffe

Das Geschäft für die deutsche Rüstungsindustrie boomt. Doch die Kritik ist groß.

Berlin. Wie harmlos das klingt: eine Kleinwaffe. Irgendwie nach Taschenmesser oder Prügelstab. Aber von wegen: Mit Kleinwaffen — Kalaschnikows zum Beispiel, Uzi-Maschinenpistolen oder auch G3-Sturmgewehre des deutschen Herstellers Heckler&Koch — werden in Bürgerkriegen und internationalen Konflikten mehr Menschen getötet als mit anderen Waffen. Pro Jahr, so schätzen Organisationen wie Amnesty International, sind es bis zu 400 000.

Für den ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan sind Kleinwaffen deshalb das eigentliche „Massenvernichtungsmittel des 21. Jahrhunderts“. Nach Schätzungen sind davon weltweit 900 Millionen im Umlauf.

Für einige ist das ein Mordsgeschäft. Auch für deutsche Firmen: 2012 wurden aus Deutschland Kleinwaffen und Kleinwaffenteile für mehr als 76 Millionen Euro ins Ausland verkauft — so viel wie seit anderthalb Jahrzehnten nicht mehr und doppelt so viel wie im Jahr zuvor (37,9 Millionen). „Kleinwaffen aus Deutschland sind international sehr beliebt“, sagt der Amnesty-Experte Matthias John. „Das ist der Rolls Royce auf dem Markt.“ Insgesamt liegt Deutschland im Rüstungsgeschäft auf Platz drei.

Die Bundesregierung lieferte vergangenes Jahr auch in Länder, die wegen Menschenrechtsverletzungen massiv in der Kritik stehen. Für Saudi-Arabien zum Beispiel wurden gleich 21 Genehmigungen im Gesamtwert von 6,5 Millionen Euro erteilt. Nun ist das für die Rüstungsindustrie, wo Milliarden umgesetzt werden, nicht einmal besonders viel. Das Auswärtige Amt verwies darauf, dass die Zahlen im Jahresvergleich „rauf und runter“ gingen. 2002, als noch Rot-Grün regierte, waren es schon einmal 61 Millionen Euro. Und 2009 wurde auch die 70-Millionen-Marke schon einmal übertroffen.

Warum die Zahlen jetzt wieder so in die Höhe gingen, lässt sich noch nicht sagen. Über die Art der gelieferten Waffen und über die wichtigsten Kunden schweigt sich die Bundesregierung weiterhin aus. Offen bleibt auch, ob ein einziger Großauftrag den Ausschlag gab. Die Einzelheiten werden erst gegen Ende des Jahres im nächsten Rüstungsexportbericht zu finden sein.

Viele Bundestagsabgeordnete sind aber nicht mehr damit einverstanden, wie sie kurzgehalten werden. Seit kurzem tritt auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) dafür ein, über ein neues Gremium zumindest dem Parlament besser Auskunft zu geben. Bei der grundsätzlichen Geheimhaltung soll es jedoch bleiben. Die Hoffnung ruht auf dem neuen Waffenhandelskontrollvertrag, mit dem erstmals international verbindliche Regeln festgelegt werden. Westerwelle will zur Unterzeichnung am 3. Juni eigens nach New York fliegen.