Der Kampf gegen die Drogenbarone
Die Nato-Länder ringen um ein gemeinsames Vorgehen gegen die Opium-Mafia. Diese finanziert den Terror der radikal-islamischen Taliban mit.
Budapest. Als die radikal-islamischen Taliban Afghanistan mit ihrem mörderischen Terrorregime noch fest im Griff hatten, gingen sie noch massiv gegen die Opium-Mafia vor.
Heute hingegen paktieren sie mit den Drogenbaronen, der schwunghafte Opiumhandel spült jährlich Millionen Euro in die Kriegskassen der Aufständischen. Obwohl sie davon nahezu unbegrenzt Maschinengewehre, Sprengminen und Granaten anschaffen, um Nato-Soldaten zu töten, sind der Internationalen Schutztruppe Isaf die Hände gebunden.
Nun drängen Amerikaner, Briten, Kanadier und auch Niederländer auf eine Erweiterung des UN-Mandats: Alle Isaf-Soldaten sollen künftig bei der Jagd auf Drogenbarone mitmachen dürfen. Das Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Budapest zeigt jedoch deutlich, dass viele Verbündete, darunter auch die vorsichtigen Deutschen, davon sehr wenig halten.
"Keiner ist daran interessiert, dass Soldaten Mohnfelder niederwalzen", sagte US-Verteidigungsminister Robert Gates, "aber wenn wir die Gelegenheit haben, Drogenbarone zu verfolgen und Rauschgiftlabore zu schließen, ist das ein legitimes Sicherheitsanliegen." Das globale Geschäft mit der Sucht ist Afghanistans größter Industriezweig.
Die Soldaten der Bundeswehr gehen streng nach den Buchstaben des UN-Mandats vor. Selbst wenn sie Opiumproduzenten auf die Schliche kommen, halten sie sich vornehm zurück und informieren umgehend ihre Kollegen von der Afghanischen Nationalarmee.
Während diese das Drogenlabor ausheben, errichten die Deutschen im Hintergrund allenfalls eine Straßensperre. Ihre große Angst: Der aktive Anti-Drogen-Kampf könnte zu einer blutigen und verlustreichen Angelegenheit werden - für die eigenen Soldaten wie für unbeteiligte Zivilisten.
Ein Blick auf die "Opium-Landkarte" zeigt allerdings auch, dass die Bundeswehr in ihrem Zuständigkeitsbereich im Norden momentan einen relativ leichten Stand hat. Nach Erkenntnissen des UN-Drogenbeauftragten Costa wirkt die Opium-Mafia vor allem in den schwer umkämpften Süd-Provinzen wie Helmand und Kandahar, die gleichzeitig Hochburgen der Taliban sind. Die Region um Kundus und Masar-i-Sharif gilt als weitgehend drogenfrei.
Wie verzweifelt die Lage der Schutztruppe im Anti-Drogenkampf ist, belegt der jüngste Hilferuf von Nato-Oberbefehlshaber John Craddock. Nach Darstellung des US-Generals können die völlig überforderten afghanischen Sicherheitsbehörden nur ein Viertel aller Hinweise auf die Opium-Mafia abarbeiten.
Kein Wunder, dass der afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak in Budapest in dieselbe Kerbe schlägt wie der General: "Ich würde mich freuen, wenn die Nato uns im Anti-Drogen-Kampf unterstützte."
Angesichts der Uneinigkeit in der Allianz zeichnet sich in Budapest eine Kompromissformel ab. Danach sollen willige Nationen, die den Anti-Drogen-Kampf bisher in eigener Regie führten, demnächst unter dem Dach der Isaf-Schutztruppe gegen Drogenbarone und Labore vorgehen dürfen. Für deutsche, italienische und spanische Soldaten gäbe es dann weiterhin eine Einsatzbeschränkung.