Die 100-Milliarden-Euro-Frage
Die Industriestaaten streiten über Hilfen für Entwicklungsländer.
Kopenhagen. Die Welt redet über Kohlendioxid (CO2) und Reduktionsziele, bei der Weltklimakonferenz wird es aber noch ein zweites, nicht weniger konfliktträchtiges Thema gehen: das Geld. Genauer: die Milliarden, die die Entwicklungsländer benötigen, um Emissionen zu begrenzen und sich auf die Folgen des Klimawandels einzustellen.
UN-Klimachef Yvo de Boer ging am Montag mit einer ersten Forderung in die Offensive: Jährlich zehn Milliarden Dollar sollen von 2010 bis 2012 zusammenkommen. Die Entwicklungsländer sollen danach mit langfristigen Zahlungen in die Lage versetzt werden, sich ohne zu große Emissionssteigerungen wirtschaftlich zu entwickeln.
Klimaforscher glauben zudem, dass neben den Inselstaaten insbesondere die armen Länder Afrikas unter den härtesten Folgen des Klimawandels leiden werden. Das Geld soll daher auch für Anpassungs- und Schutzmaßnahmen in diesen Ländern verwendet werden.
Die Entwicklungsländer verweisen dabei auch auf die moralische Verantwortung der Industriestaaten, schließlich haben diese fast im Alleingang die bisherigen Emissionen zu verantworten.
Eine Studie der EU kommt zu dem Schluss, dass die Entwicklungsländer mindestens 100 Milliarden Euro im Jahr benötigen werden. Diese jährliche Summe müsste bis 2020 schrittweise aufgebaut und von den Industriestaaten aufgebracht werden.
Bisher hat nur die EU grundsätzlich zugesagt, sich an einem solchen Fonds zu beteiligen. Konkrete Summen hat aber kein Staat genannt. Streit zeichnet sich auch beim Status der Schwellenländer ab: Sollten Länder wie China ebenfalls Hilfen erhalten, oder müssen sie die nötigen Investitionen komplett allein schultern?
Bisher sträuben sich die USA und andere Industrienationen gegen feste Zahlungszusagen. Aber selbst wenn sie einlenken, müsste mindestens ein Drittel der Gesamtsumme wohl von der EU aufgebracht werden. Auf Deutschland kämen dann rund sieben bis zehn Milliarden Euro pro Jahr zu.
Experten sagen, dass diese Summe nicht aus dem Staatshaushalt bestritten werden müsste. Vielmehr könnte ein Großteil der Erlöse aus der Versteigerung von CO2-Emissionsrechten in den Fonds fließen. Die Entwicklungsländer haben schon im Vorfeld von Kopenhagen deutlich gemacht, dass eine Einigung beim Fonds für sie zentral ist - als Gradmesser, ob es die Industrieländer mit ihrer "Verantwortung" wirklich ernst meinen.