Die Favoriten für den Papst-Stuhl bringen sich in Stellung

Der Ruf nach einem Nichteuropäer als neuem Papst wird immer lauter. Doch auch die Italiener rechnen sich noch Chancen aus.

Rom. Kurz vor Beginn der Papstwahl am Dienstag wird über die möglichen Nachfolger Benedikts spekuliert. Einem engen Kreis werden gute Chancen auf die Wahl zugesprochen. Ein Überblick.

Favorit unter den 28 italienischen Kardinälen ist Angelo Scola, 71. Scola ist ein Schüler Ratzingers und gilt als intellektuell gewandt sowie als willensstark. Überraschend hob Benedikt seinen Freund im Juni 2011 auf den wichtigen Posten als Erzbischof von Mailand. Seit Ratzinger ihn auf einen so wichtigen Posten beförderte, gilt Scola unzweifelhaft als Nachfolge-Kandidat.

In der Diözese mit den weltweit meisten Gläubigen waren zuletzt eher progressive Denker im Amt. Scola hingegen legte sich sofort mit der Stadtverwaltung an, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften befürwortete. Kurios: Als der aufsteigende Mailänder Unternehmer Silvio Berlusconi Ende der 70er Jahre seine Bildungslücken schließen wollte, engagierte er verschiedene Nachhilfelehrer. Einer davon: Scola.

Wenn die Beschreibung der Qualitäten, die der neue Papst mit sich bringen soll, auf einen Kandidaten besonders zutrifft, dann auf Marc Ouellet. Der Kanadier aus Quebec ist mit 68 Jahren ein relativ junger Kandidat, macht einen durchsetzungsstarken und charismatischen Eindruck. Während Ouellet in der Öffentlichkeit lange relativ unbekannt war, ist er in der Kurie besonders geschätzt.

Zur vergangenen Papstwahl 2005 kam der Wiener Kardinal Christoph Schönborn mit dem Nachtzug und suchte am Bahnhof verzweifelt ein Taxi. Manchen Beobachtern kam diese Bescheidenheit seltsam vor angesichts des Brimboriums, das andere Purpurträger um sich machen. Seine Fähigkeit zur Selbstkritik hat Schönborn bei Gläubigen und Kardinälen Kredit gebracht, möglicherweise sind seine Meinungswandel in der Kurie aber nicht mehrheitsfähig. Homosexualität verurteilte Schönborn einst als Vergehen, 2010 äußerte er sich dann aufgeschlossen über das Thema.

Als einer der besten Manager der Kurie gilt der 70 Jahre alte Kurienkardinal Gianfranco Ravasi. Vor allem seine Aufgeschlossenheit gegenüber den Medien macht ihn zu einer modernen Lösung. Ravasi ist Präsident des Päpstlichen Kulturrates, eine Art Kultusminister, und twittert als einer von wenigen Kardinälen.

Eine interessante Personalie ist der philippinische Erzbischof von Manila, Luis Antonio Tagle. Mit nur 56 Jahren ist er einer der jüngsten Kardinäle, vielleicht ist das aber auch sein Nachteil, denn zu erwarten wäre ein langes Pontifikat. Tagle gilt als Mann mit Charisma und konservativen Positionen, im November 2012 ernannte ihn Benedikt zum Kardinal. Tagle musste vor Rührung vom Papst getröstet werden.

Bereits 2005 wurden dem Argentinier Jorge Bergoglio Chancen eingeräumt. Der Erzbischof von Buenos Aires könnte verschiedene Strömungen ausbalancieren. „Papabili“ aus Lateinamerika sind auch Kurienkardinal Leonardo Sandri aus Argentinien sowie der deutschstämmige Brasilianer Odilo Pedro Scherer.