EU-Postenpoker geht in die nächste Runde
Konservative und Sozialisten ringen um die Positionen des Außenministers und des Ratspräsidenten.
Brüssel/Berlin. Polen gilt oft als Quertreiber in der EU. Doch mit der jüngsten Forderung nach mehr "Glasnost in Brüssel" - mehr Offenheit und Demokratie beim Geschacher um die neuen EU-Spitzenposten - trifft Warschau ins Schwarze. Wie so oft in Europa werden die wichtigen Entscheidungen im stillen Kämmerlein getroffen. Das Tauziehen geht bis Ende nächster Woche weiter und wirft die Zeitplanung für die Berufung der neuen EU-Kommission über den Haufen.
Gut 20 Namen umfassen die Kandidaten-Listen für den künftigen EU-"Außenminister" und den ersten ständigen EU-Ratspräsidenten, vom Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker bis zu dessen finnischen Amtskollegen Matti Vanhanen. Doch es zeichnet sich keine Mehrheit für einen der Genannten ab.
Eigentlich hätten die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten schon in dieser Woche über die Personalien entscheiden sollen. Schließlich tritt der Reformvertrag von Lissabon - der die Ämter schafft - am 1. Dezember in Kraft. Europas amtierender Verhandlungsführer, der schwedische Regierungschef Fredrik Reinfeldt, hat den Sondergipfel nun auf den 19. November datiert.
Bis dahin muss der Schwede die Wogen glätten. Für viele sei ein Gleichgewicht zwischen linkem und konservativem Lager wichtig, aber auch der Ausgleich zwischen großen und kleinen Ländern sowie Männern und Frauen, erklärt Reinfeldt. "Es ist nicht leicht, alle diese Kriterien zu erfüllen."
Und so brodelt die Gerüchteküche. Bis vor kurzem galt auch in Berlin das Duo mit dem belgischen Regierungschef Herman van Rompuy als EU-Ratspräsident und Italiens Ex-Außenminister Massimo D’Alema als EU-"Außenminister" als gesetzt. Dahinter steht ein Kuhhandel: Der EU-Ratspräsident kommt ebenso wie der Kommissionspräsident aus dem Lager der konservativen Europäischen Volkspartei. Dafür ist der "Außenminister" ein Sozialdemokrat.
Sollten die beiden keine Mehrheit finden, könnte auch die Verteilung der Posten auf die Parteilager wieder zur Diskussion stehen. Für diesen Fall kursiert der Name des früheren französischen Außenministers Michel Barnier - der Konservative wäre für Paris wie Berlin als neuer EU-Außenminister willkommen. Dann käme auch wieder eine Kandidatur des Briten Tony Blair ins Spiel. Der ist Sozialist.