Frankreichs Staatspräsident setzt auf Durchhalteparolen

François Hollande will trotz Rezession und Rekordarbeitslosigkeit nichts von Reformen wissen. Dafür erntet er Kritik.

Paris. Ein Rückfall in die Rezession, nicht gehaltene Sparversprechen und Arbeitslosenzahlen in Rekordhöhe: Die einst so stolze Wirtschaftsnation Frankreich gilt in Europa als das neue Sorgenkind. Von Forderungen nach einem politischen Kurswechsel will Präsident François Hollande (58) allerdings weiter nichts wissen, wie er Donnerstagabend auf einer Pressekonferenz klarstellte. Dem Sozialisten wird nun mehr denn je Realitätsverweigerung vorgeworfen. Hollande sei ein Träumer und gehe wirklich wichtige Reformen nicht an, lautete am Freitag der Tenor in etlichen Kommentaren.

Bei der Ausformulierung der Kritik zeigten sich die Leitartikler wenig zimperlich. „Dieser Kontrast zwischen einer Situation, die jeder als fürchterlich ansieht, und dem Optimismus des Staatschefs ist verblüffend“, schrieb die Tageszeitung „Le Figaro“ zu Hollandes fast dreistündigem Auftritt.

Bemängelt wird vor allem, dass Hollande trotz der Lage des Landes keine wirklich tiefen Einschnitte und Reformen wagt. Seine bei der Pressekonferenz mit großen Worten angekündigte Initiative für Europa besteht zum größten Teil aus bereits lange diskutierten Projekten wie einer Wirtschaftsregierung für die Eurozone. Die erneut ins Spiel gebrachte gemeinsame Kreditaufnahme („Eurobonds“) wird von deutscher Seite strikt abgelehnt und gilt damit als nicht durchsetzbar. „Keine einzige wirklich neue Idee“, kommentierte die Wirtschaftszeitung „Les Echos“.

Sorgen machen sich allerdings nicht nur die Franzosen, denen es von Tag zu Tag schwerer fällt, den Durchhalteparolen ihres als Hoffnungsträger gestarteten Präsidenten Glauben zu schenken. Es sei der Wunsch jedes verantwortlichen deutschen Politikers, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft die Dinge beschließe, die notwendig seien für mehr Wettbewerbsfähigkeit, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag kurz vor der Pressekonferenz Hollandes.

FDP-Politiker wie Rainer Brüderle werfen der sozialistischen Regierung in Paris sogar offen vor, das Land herunterzuwirtschaften. Europa warte sehnsüchtig auf den Mitterrand-Moment bei François Hollande, sagte der Spitzenkandidat seiner Partei jüngst bei einem Parteitag. Brüderle bezog sich damit auf den Kurswechsel, den Frankreichs früherer sozialistischer Präsident François Mitterrand nach den ersten, wirtschaftlich erfolglosen Regierungsjahren eingeleitet hatte.

Zumindest nach außen hin lassen Hollande Kritik und schlechte Umfragewerte kalt. Sein Job sei es nicht, beliebt zu sein, sondern die richtigen Entscheidungen zu treffen, kommentiert der Staatschef die Angaben von Meinungsforschern, die ihn als Präsidenten mit historisch schlechten Zustimmungswerten sehen.