Vitali Klitschko „Ukraine wird für Freiheit kämpfen“

Der Oppositionspolitiker und Box-Weltmeister Vitali Klitschko will sein Land näher an Europa heranführen.

Kiew. Bis Ende Mai muss die Ukraine tiefgreifende Reformen einleiten. So verlangt es die EU. Andernfalls kann ein Abkommen über politische Assoziierung nicht im Herbst unterzeichnet werden. Für heute hat die ukrainische Opposition zu Demonstrationen für die Freilassung der inhaftierten Julia Timoschenko aufgerufen. Oppositionspolitiker Vitali Klitschko (41) kritisiert die Regierung.

Herr Klitschko, welche Erwartungen haben Sie an Brüssel?

Vitali Klitschko: Die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU ist das Ziel meiner Partei Udar. Das Assoziierungsabkommen würde uns bei der Annäherung an Europa helfen. Unser Land darf nicht die Geisel eines autokratischen Regimes bleiben. Es sind Präsident Viktor Janukowitsch und die Repräsentanten seines diktatorischen Apparates, die bestraft werden sollten, nicht das Volk der Ukraine.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die ukrainische Justiz kürzlich im Fall Timoschenko verurteilt. Wie bewerten Sie die Entscheidung?

Klitschko: Es war ein gerechtes Urteil. Es belegt, dass die Inhaftierung von Julia Timoschenko politisch motiviert und illegal war. Uns bleibt die Hoffnung, dass der Richterspruch die Freilassung von Timoschenko und anderen politischen Gefangenen in der Ukraine bewirkt. Zugleich hat das Urteil gezeigt, dass die ukrainische Justiz vollständig der Regierung untergeordnet ist und nicht den Gesetzen.

Also trifft auch die Regierung die Entscheidung, wie es im Fall Timoschenko weitergeht?

Klitschko: Präsident Janukowitsch hat jede Möglichkeit, das politisch motivierte Urteil zu revidieren und Timoschenko freizulassen. Auf diese Weise würde er auch ein klares Signal nach Brüssel senden, dass die Ukraine gewillt ist, Fehler zu korrigieren und das ausgehandelte Abkommen mit der EU zu unterzeichnen. Meine Partei wird alles dafür tun, dass die Ukraine ihre Chance nicht verspielt, Mitglied der europäischen Völkergemeinschaft zu werden.

Welche Reformen sind entscheidend, um dieses Ziel zu erreichen?

Klitschko: Das Straßburger Urteil hat gezeigt, dass unser Justizsystem dringend reformiert werden muss. Das betrifft die Regeln für die Strafermittlung ebenso wie die Art und Weise, wie Gerichtsprozesse ablaufen und Urteile gefällt werden. All das ist weit von europäischen Standards entfernt.

Wie wird es in den kommenden Monaten weitergehen?

Klitschko: Die neuesten Nachrichten aus Brüssel verheißen nichts Gutes. Demnach verweigern die ukrainischen Behörden jede Diskussion im Fall Timoschenko. Aber selbst wenn wir uns für einen Augenblick das Undenkbare vorstellen — die Freilassung Timoschenkos in den kommenden Wochen —, dann würde dieser Triumph der Opposition dadurch geschmälert, dass es weiterhin eine abhängige Justiz und eine autoritäre Regierung in der Ukraine gibt. Die Freilassung Timoschenkos wäre ein Zeichen dafür, dass schnelle Veränderungen im Land unausweichlich sind.

Welche Rolle werden Sie bei der Präsidentenwahl 2015 spielen?

Klitschko: Ich bin mir sehr sicher, dass wir 2015 eine Ukraine erleben werden, in der die Menschen für ihre Freiheit kämpfen. Ich selbst werde eine Rolle spielen, die dazu geeignet ist, meinem Land am besten zu dienen.