Große Pläne für die Kleinen: Koalition baut Krippen aus

Kinderbetreuung: Eltern bekommen ab 2013 einen Rechtsanspruch. Die CSU will einen Erziehungsbonus von 150 Euro.

Berlin. Nach monatelangem Streit hat sich die Große Koalition Montag Nacht auf einen Ausbau der Kleinkinderbetreuung geeinigt. "Ab 2008 werden Eltern handfest spüren, dass sich die Situation verbessert", verspricht Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Die Spitzen von Union und SPD haben sich darauf verständigt, dass innerhalb der nächsten sechs Jahre jedes dritte Kleinkind einen Platz in Kinderkrippen, bei Tagesmüttern oder in betrieblichen Kindereinrichtungen erhält - das wären 750 000 Plätze. Derzeit liegt die Betreuungsquote der Ein- bis Dreijährigen gerade mal bei rund acht Prozent. Zudem erhalten Eltern ab 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Dieser Anspruch soll - wie bei den Kindergärten - zunächst nur für einen Halbtagsplatz gelten.

Vermutlich. Die CSU hat durchgesetzt, dass Eltern von 2013 an ein Betreuungsgeld - im Berliner Jargon "Herd-Prämie" genannt - erhalten sollen, wenn sie ihre Kinder zu Hause erziehen. Im Gespräch sind 150 Euro monatlich pro Kind im zweiten und dritten Lebensjahr. Laut SPD ist jedoch noch nichts entschieden, denn es geht um zusätzliche Milliardenausgaben.

Noch längst nicht. Der Bund hat sich verpflichtet, mit etwa vier Milliarden Euro ein Drittel der Investitionen und Betriebskosten der Kitas zu übernehmen. Die übrigen zwei Drittel der auf zwölf Milliarden Euro geschätzten Kosten sollen Kommunen und Länder tragen.

Auch das ist unklar. Während die SPD mit Umschichtungen bei den Familienleistungen liebäugelt, will die Union die Gelder nutzen, die als Folge des Geburtenrückgangs in den nächsten Jahren eingespart werden.

Da sich der Bund auch über das Jahr 2013 hinaus an der Kleinkinderbetreuung beteiligen will, wird die Einrichtung einer Familienstiftung geprüft. Von dort aus könnte das Geld ohne Umwege über die Länder direkt in die Kommunen fließen.

Städte und Gemeinden stellen im Zuge des neuen NRW-Kinderbildungsgesetzes zusätzliches Geld für den Krippenausbau bereit. "Unser Ziel ist, bis 2010 mindestens 20 Prozent der unter Dreijährigen einen Betreuungsplatz anzubieten", sagt Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW. Bislang gibt es nur für rund fünf Prozent der Kinder entsprechende Angebote.

Der Plan Ab dem Jahr 2013 sollen auch diejenigen Eltern eine neue finanzielle Unterstützung erhalten, die ihre Kinder im Alter von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen. Über die Höhe gibt es noch keine Einigung. In der Diskussion sind aber 150 Euro pro Kind und Monat.

Vorbild Die Idee eines Betreuungsgeldes kommt aus Skandinavien. So stehen Eltern in Norwegen 404 Euro monatlich bis zum dritten Lebensjahr ihres Kindes zur Verfügung, wenn sie keinen Krippenplatz beanspruchen.

Pro und Contra Während der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, das geplante Betreuungsgeld als "Ausdruck von reaktionärer Familienpolitik" bezeichnet und grüne sowie SPD-Politiker die Idee als "Hausfrauenmodell" oder "Herdprämie" kritisierten, argumentiert Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU): Die Entscheidung, ob ein Kind zu Hause oder in der Kita betreut wird, sei Sache der Eltern. Mit einem Betreuungsgeld und einem ausreichenden Krippenangebot würde man die Voraussetzung für echte Wahlfreiheit schaffen.

Eigentlich sollten wir uns ja freuen, dass die Koalition die Lebensrealität junger Paare endlich wahrnimmt und den Bau neuer Krippenplätze unterstützt. Immerhin werden schon 2008 die ersten Mütter an die Türen der Kitas klopfen, die nach ihrem Elterngeldjahr in den Beruf zurückkehren. Doch leider bleibt die Finanzierung des ehrgeizigen Projekts weitgehend im Dunkeln. Und statt Klartext zu reden, öffnet die CSU mit der Forderung nach einem Betreuungsgeld ein neues Milliarden-Euro-Fass.