Verfassungsschutzbericht: Rechte Schläger bereiten Sorgen
Durch die jüngsten Ereignisse war vor allem Linksextremismus in den öffentlichen Blick geraten. Doch bei der Vorlage des Verfassungsschutzberichts warnte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) besonders vor Gefahren durch Rechtsextremismus.
Berlin. Schäuble nannte es eine alarmierende Entwicklung, dass Rechtsextremisten "mehr in die gesellschaftliche Mitte" vordringen - etwa durch von Extremisten organisierte Hausaufgabenbetreuung, Lehrstellenberatungen oder Skinhead-Konzerte.
Laut dem Bericht stieg die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten im vergangenen Jahr um 9,3 Prozent auf rund 1100. "Häufig ist die neonazistische Ideologie gepaart mit hoher Gewaltbereitschaft", so Schäuble. Er zeigte sich besorgt über Zulauf für die als rechtsextrem eingestufte NPD. Die Anzahl ihrer Mitglieder sei um rund 1000 auf nun etwa 7000 gestiegen. Aus "sicherheitspolitischen Erwägungen" hält er jedoch nichts davon, ein Verbot anzustreben.
Auch die bei den Wahlen in Bremen erfolgreiche Linkspartei wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Das soll sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Ein solcher Schritt werde "nicht von Wahlergebnissen abhängig gemacht", sagte Schäuble. Es gebe weiter "Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen".
Dem gewaltbereiten linken Spektrum gehörten nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes zum Jahresende 2006 rund 6000 Personen an. Linksextremistisch motivierte Gewalttaten seien im vergangenen Jahr um 3,8 Prozent auf etwa 1200 gesunken. Schäuble sagte mit Blick auf den G8-Gipfel Anfang Juni in Heiligendamm, man betrachte Aktivitäten der Szene mit Sorge.
Die "gravierendste Bedrohung" für die Sicherheit in Deutschland sei allerdings weiterhin islamistischer Terrorismus. Deutschland liege nun im Zielspektrum terroristischer Gruppierungen und sei nicht mehr nur Rückzugsraum.
Es gehört zur Systematik des Verfassungsschutzberichts, dass er einen Überblick bietet über jedwede Form politisch motivierter Straftaten. Die Folge ist, dass die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Phänomene in einem Atemzug genannt werden - auch wenn ein Neonazi vom Lande wenig gemein hat mit einem islamistischen Terroristen. Neben Scientology wird auch die Linkspartei vom Verfassungsschutz beobachtet, die rechtsextreme NPD ebenso wie linksradikale Splittergruppierungen. Die Politik allerdings darf nicht alle potenziellen Verfassungsfeinde in einen Topf werfen. Sie muss ganz unterschiedliche Antworten auf die vielfältigen Bedrohungen finden. Zuweilen sind nicht nur die Nachrichtendienste gefordert, sondern auch die Arbeitsmarkt-, Jugend- und Bildungspolitik.