Analyse: Die Sicherheit hat eine düstere Kehrseite

Was der Verhinderung von Verbrechen dient, betrifft auch den Rechtschaffenen.

<strong>Düsseldorf. Wer sich in die Lage eines für die Sicherheit des Landes verantwortlichen Politikers versetzt, eines Innenministers also, der kann Verständnis für vieles haben: Natürlich ist es sinnvoll, die Daten der Lkw-Mauterfassung nicht nur für die Gebührenerhebung zu nutzen, sondern nebenbei auch dafür, einen Verbrecher, vielleicht einen Mörder, zu fassen. Natürlich ist es eine feine Sache, sich mittels eines so genannten Trojaners in den Computer eines Bösewichts einzuloggen, dessen Anschlagspläne frühzeitig aufzudecken und so zu verhindern. Natürlich ist es sehr praktisch, den schon heute in den Polizeigesetzen der Länder geregelten "Unterbindungsgewahrsam" anzuwenden und Personen, von denen in nächster Zeit Gefahren drohen, vorbeugend einzusperren. Und natürlich könnte eine Bundeswehreinheit mit ihrer auf Kampf getrimmten Ausbildung sehr effektiv nicht nur gegen äußere Feinde, sondern auch gegenüber den eigenen böswilligen Bürgern vorgehen. Wie gesagt, nützlich wäre es, was der Bundesinnenminister da plant oder unterstützt. Aber kann all das in unserem Interesse sein?

Wer hier ja sagt, weil Zeiten des Terrors auch besondere Maßnahmen verlangen und weil der Staat nur auf Böswillige abziele, sollte die Kehrseite bedenken.

Ein beliebtes Argument, mit dem Sicherheitspolitiker für ihre Gesetzespläne werben, lautet: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten. Doch beide Satzteile stimmen nur mit Einschränkung. Zwei Beispiele.

"Wenn es morgens an der Tür läutet und ich kann sicher sein, es ist der Milchmann, dann weiß ich: Ich lebe in einer Demokratie." Wovor Winston Churchill warnte: Statt des Milchmanns könnte es auch eine willkürlich handelnde Staatsmacht sein. Heute haben wir keinen Milchmann mehr, dafür aber Computer. Um an dessen Inhalte zu gelangen, braucht der Staat nicht mal anzuklopfen. Gewiss, unser Staat ist nicht willkürlich. Aber einem Staat, der immer weiter in die Privatsphäre vordringen will - dürfen wir dem trauen?