Große Worte – kein Angebot
US-Präsident Barack Obama hält die meistbeachtete Rede der Konferenz, verkündet aber nichts Neues. Trotzdem bestimmt er in Gesprächen mit China den Takt des Gipfels.
Kopenhagen. Barack Obama betritt das Plenum durch die Seitentür; er geht mit großen Schritten die Stufen hinauf zum Podium, blickt auf in den Saal, schweigt für einige Sekunden. Überall im Bella-Center bleiben die Menschen vor den Bildschirmen stehen. Es ist, als hielten sie den Atem an.
"Guten Morgen", sagt der US-Präsident - dabei ist es 12.30 Uhr. Die ganze Nacht haben die Staats- und Regierungschefs verhandelt, um nach den festgefahrenen Verhandlungen wenigstens einen Minimalkonsens zu erreichen. Um am Ende doch noch eine politische Willenserklärung zu verabschieden, wenn schon ein rechtlich verbindliches Abkommen nicht mehr zu schaffen ist. Sie haben sich in kleinen Kreisen getroffen, Vier-Augen-Gespräche geführt. Obama war erst am Morgen dazugestoßen, er könnte die entscheidende Wende bringen - aber auch der Spielraum des mächtigsten Mannes der Welt ist begrenzt, allzu ehrgeizige Zusagen würde der US-Kongress wahrscheinlich blockieren.
Also setzt der Friedensnobelpreisträger auf die Macht der Worte. "Ich bin hierher gekommen, um zu handeln", sagt Obama. "Die Zeit für Reden ist vorbei." Applaus brandet auf. Doch wer auf Angebote gehofft hat, die die festgefahrenen Klimaverhandlungen wieder in Gang bringen könnten, der wartet vergebens. Obama erklärt, dass die USA als größter CO2-Verursacher pro Kopf Verantwortung übernehmen müssen. Aber er macht keine neuen Zugeständnisse.
So bleibt es bei der Ankündigung, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2020 um 17 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren. Das entspricht einer Senkung von vier Prozent bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990, was Wissenschaftler für viel zu wenig halten. Jedes Land müsse sich bewegen, fordert Obama; und alle müssten entschlossen handeln, um die Treibhausgase zu reduzieren. Außerdem müssten sich alle dazu verpflichten, ihre Ziele international überprüfen zu lassen.
Aber genau das wollen die Chinesen eben nicht - sie fürchten einen Eingriff in ihre nationale Souveränität. Barack Obama versucht nun, vor allem in Vier-Augen-Gesprächen mit Chinas Regierungschef Wen Jiabao die Gräben zuzuschütten. Zweimal kommt er im Laufe des Tages mit Wen zusammen, zunächst wird aber Stillschweigen über den Inhalt der Gespräche vereinbart. Aus Delegationskreisen verlautet nur, es gebe "Fortschritte". Bei der Kernforderung, der internationalen Kontrolle der festgelegten Ziele, erhält Obama jedenfalls Rückendeckung von der EU und Japan. Aber zunächst ist unklar, was Obama Wen anbieten kann, um Zugeständnisse zu bekommen.
Während sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und viele andere Spitzenpolitiker bis zum Abend in Optimismus üben, sind andere Beobachter eher skeptisch. Auch der Klimaexperte und Wuppertaler Bundestagsabgeordnete Hermann Ott (Grüne) ist vor Ort und nennt die Rede Obamas "sehr enttäuschend". Zudem sei die EU mit ihrer Verhandlungsstrategie gescheitert, so dass die USA und China die wichtigsten Weichenstellungen nun unter sich vereinbarten. Vertreter von Umweltschutzorganisationen befürchteten eine verwässerte Abschlusserklärung mit vielen Schlupflöchern.