8-Milliarden-Fonds, sinkende Pegelstände und weiter weiche Deiche
Berlin (dpa) - Zwei Wochen nach Beginn der Flutkatastrophe haben Bund und Länder einen Hilfsfonds von etwa acht Milliarden Euro beschlossen. Der Bund müsse dafür neue Schulden machen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Ausgelotet wird, dass sich Bund und Länder mit einer Anleihe Geld beschaffen.
Tausende Helfer im Kampf gegen die Wassermassen brauchen derweil einen langen Atem: Am Donnerstag gingen die Pegelstände in Norddeutschland zentimeterweise zurück. Wegen aufgeweichter Dämme ist die Gefahr von Deichbrüchen nicht gebannt. Bundespräsident Joachim Gauck will am Freitag Helfern und Einsatzkräften im bayerischen Deggendorf danken.
Laut einer Umfrage hat schon etwa jeder Sechste in Deutschland (15 Prozent der Bevölkerung) für die Opfer der Fluten gespendet. Das berichtete das Meinungsforschungsinstitut YouGov. 40 Prozent der Bürger sind demnach zu Geld- oder Sachspenden bereit, 27 Prozent wollten nicht spenden. YouGov hatte 1050 Menschen online befragt.
Das Elbe-Hochwasser behindert weiterhin den Zugverkehr. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke von Berlin über Stendal nach Hannover ist nach wie vor nicht befahrbar. Die ICE-Züge zwischen Berlin und Hannover und weiter ins Ruhrgebiet fahren deshalb über Magdeburg und Braunschweig. Reisende zwischen Berlin und Hannover müssen mit einer um etwa 60 Minuten längeren Fahrtzeit rechnen.
Für den Hilfsfonds schloss Merkel höhere Steuern oder einen „Flut-Soli“ aus. Der Bund werde nun rasch einen Nachtragshaushalt vorlegen. Merkel sprach wie Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) von einem „großzügigen und angemessenen“ Volumen. Die Deutschen dürften stolz auf die Solidarität sein, sagte Merkel. Nach der Hochwasserkatastrophe von 2002 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung einen Bund-Länder-Aufbaufonds von gut sieben Milliarden Euro beschlossen. Dann wurden Kommunen von Zahlungen befreit, die Summe betrug letztlich 6,5 Milliarden Euro.
Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) unterzeichnete ein Fluthilfeabkommen mit Sachsen, Thüringen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. Mit anderen betroffenen Ländern wird noch verhandelt. Der Bund hatte zunächst 100 Millionen Euro Soforthilfe zugesagt.
SCHLESWIG-HOLSTEIN: Das Elbehochwasser in Lauenburg hat seinen höchsten Stand offenbar überschritten. Am Donnerstagnachmittag lag der Pegelstand in Lauenburg bei 9,45 Meter (normal: 4,80 Meter), um Mitternacht waren es noch 9,56 Meter. Die Lage habe sich weitgehend stabilisiert, an den Deichen seien keine Risse festgestellt worden, teilte der Krisenstab mit. Ursprünglich waren hier Pegelstände von zehn Metern und mehr prognostiziert worden.
SACHSEN-ANHALT: Der Kampf gegen die Fluten ging auch am Donnerstag weiter, vor allem im Elbe-Havel-Winkel bei Stendal, in dem ein 200 Quadratkilometer großes Gebiet unter Wasser steht. Die Bundeswehr zerstörte die Landstraße 18 bei Kamern auf rund 50 Metern Länge, damit Wassermassen bei Fischbeck in Richtung Havelpolder ablaufen können. In dem Gebiet sind inzwischen rund 6400 Menschen aus mehr als 20 Ortschaften in Sicherheit gebracht worden. In einigen Orten harren immer noch Menschen aus, etwa um ihre Tiere vor Hochwasser zu schützen. In der ebenfalls überfluteten Region am Zusammenfluss von Saale und Elbe zeichnete sich eine Stabilisierung ab.
NIEDERSACHSEN: In Hitzacker lag der Pegelstand am Donnerstag knapp unter 8 Metern - am Abend zuvor waren es noch 8,07 (normal: 2,67 Meter) gewesen. Die Bundeswehr überwacht seit Tagen in den niedersächsischen Flutgebieten die Deiche. Verteidigungsminister Thomas de Maizière bedankte sich auf einem Feld bei Penkefitz im Kreis Lüchow-Dannenberg bei den Soldaten. Es sei der bisher größte Flut- und Katastropheneinsatz der Bundeswehr. Bei sinkenden Wasserständen verstärkten die Einheiten Deiche mit Sandsäcken.
MECKLENBURG-VORPOMMERN: Trotz weiter rückläufiger Elbe-Pegelstände weicht die Anspannung in Mecklenburg-Vorpommern nicht. An immer mehr Stellen sickert Wasser durch die Deiche, wie ein Sprecher des Landkreises Ludwigslust-Parchim sagte. Sie würden mit Sandsäcken abgedichtet.
SACHSEN: Nach elf Hochwassertagen wurde in Sachsen der Verwaltungsstab aufgelöst. Die Situation entspanne sich trotz der Probleme mit aufgeweichten Elbdeichen.
BAYERN: In Bayern ebbte auch die zweite Flutwelle der Donau ab. Neue, für den Abend vorhergesagte Schauer und Gewitter mit starkem Regen könnten örtlich zu einem Anstieg der Wasserstände führen. Großen Einfluss auf die abfließende Hochwasserwelle der Donau hätten sie aber nicht mehr, hieß es im Hochwasserlagebericht.