Alle gegen die AfD: Islam-Vorstoß im Kreuzfeuer der Kritik
Berlin (dpa) - Die AfD stößt mit ihrem Anti-Islam-Kurs parteiübergreifend auf scharfe Kritik. Von Hetze, Verfassungswidrigkeit und Brandstiftung war am Montag die Rede.
Am Wochenende hatten die Vizevorsitzenden der rechtspopulistischen Partei, Beatrix von Storch und Alexander Gauland, den Islam zu einer Ideologie erklärt, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Reaktionen im Überblick:
BUNDESKANZLERIN Angela Merkel (CDU) wies die Äußerungen zurück. „Wir haben in Deutschland die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Religionsausübung, und das gilt natürlich auch für Muslime in unserem Land“, sagte sie. „Die Praxis hat gezeigt, dass die übergroße Mehrzahl der Muslime hier im Rahmen des Grundgesetzes ihre Religion ausübt.“ Wenn das nicht der Fall sei, würden die Sicherheitsbehörden über eine Beobachtung entscheiden.
CDU/CSU: Die Positionen der AfD zeugten von „extremistischem Denken, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“, sagte der Beauftragte der CDU/CSU-Fraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Franz Josef Jung (CDU), der „Welt“. Die Partei hetze auf, sagte auch der CDU-Vizechef Armin Laschet der „Rhein-Neckar-Zeitung“ und der „Passauer Neuen Presse“. „Der Verfassungsschutz wird dies im Blick haben.“ Und CDU-Generalsekretär Peter Tauber stellte fest, dass sich nun zeige, „dass die AfD ein grundsätzliches Problem mit unserer verfassungsgemäßen Ordnung hat.“
SPD: Die AfD schüre „auf hochgefährliche Weise haltlose Vorurteile“, kritisierte die Beauftragte der SPD für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Kerstin Griese, in der „Welt“. Selbstverständlich gebe es einen Islam, der sich ans Grundgesetz halte. „Praktiziert wird er von weit mehr als 90 Prozent der hier lebenden Muslime.“ Man dürfe nicht aus der Existenz von einigen extremistischen Gruppen auf eine ganze Religion schließen.
GRÜNE: Religionsfreiheit sei ein Grundrecht, schrieb die Grünen-Vorsitzende Simone Peter auf Twitter. „Wer sie in Frage stellt, steht selbst nicht auf dem Boden der Rechtsordnung.“ Auch Fraktionsvize Konstantin von Notz kritisierte, die Partei versuche, vorsätzlich den Islam als pauschales Feindbild zu konstruieren, um so auf Wählerfang zu gehen. Die Grünen forderten stattdessen einen verstärkten Dialog, der die rechtliche Gleichstellung und Anerkennung muslimischer Religionsgemeinschaften zum Ziel habe.
LINKE: Parteichef Bernd Riexinger sagte: „Das war erwartbar.“ Mit dem Rückgang der Flüchtlingszahlen suche die AfD ein neues Thema - wohl auch, um die Konflikte in den eigenen Reihen durch ein einigendes Thema zu überdecken. Als „geistige Brandstifter“ bezeichnet die religionspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Christine Buchholz, die Äußerungen der AfD-Spitze. Muslimische Verbände müssten mit anderen Religionsgemeinschaften gleichbehandelt und als Körperschaften öffentlichen Rechts anerkannt werden.
BUNDESLÄNDER: Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD), kritisierte die AfD-Äußerungen als „brandgefährlich“. Die Partei schüre auf ganz primitive Art und Weise Vorurteile, sagte Sieling. „Sie fügt unserem Land damit großen Schaden zu. Alle Demokraten sind aufgefordert, sich offensiv gegen die fremdenfeindliche Hetze dieser Partei zu stellen.“
EU-PARLAMENT: Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) nannte die AfD-Position „abstoßend“. Es sei unanständig, eine ganze Religionsgemeinschaft unter Generalverdacht zu stellen. „Die Partei giert fieberhaft nach Aufmerksamkeit und kein Populismus ist ihr dafür billig genug.“ Millionen Muslime, die ein friedlicher und wichtiger Teil Deutschlands und Europas seien, würden diffamiert.
EUROPARAT: Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland, zeigte sich besorgt. Die Äußerungen richteten sich „gegen unsere gemeinsamen europäische Werte“, teilte er mit. Den Islam als eine Bedrohung für die Gesellschaft darzustellen, beleidige muslimische Mitbürger.
ZENTRALRAT DER MUSLIME: Der Zentralrat der Muslime verglich die AfD mit der NSDAP von Adolf Hitler. Zum ersten Mal seit damals gebe es eine Partei, die „eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht“, sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek am Montag auf NDR Info. Ziel der AfD sei es, eine Republik ohne freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schaffen.
EX-AFD-CHEF Bernd Lucke: Der heutige Vorsitzende der Partei Alfa glaubt, dass die AfD etwa mit der Forderung nach Minarettverboten die Radikalisierung von Muslimen fördere. „Sie würden sich als Bürger zweiter Klasse vorkommen“, sagte Lucke der „Berliner Zeitung“ (Dienstag).