Anti-Terror-Gesetze: Minister setzen FDP unter Druck
Frankfurt/Main (dpa) - Eine „große Koalition“ der Innenminister erhöht den Druck auf die FDP. Sie soll endlich den Weg freigeben für die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze und die erneute Speicherung von Telekommunikationsdaten.
In dieser Frage drängelt auch Brüssel.
Zum Abschluss ihrer Konferenz verlangten die Länder-Innenminister am Mittwoch in Frankfurt einstimmig, die Anfang 2012 auslaufenden Anti-Terror-Gesetze fortzuführen.
Unverzichtbar für den Kampf gegen Schwerkriminelle sei zudem die Wiedereinführung der Speicherung von Verbindungsdaten aus Internet und Telekommunikation. Der Bund müsse endlich „in die Pötte“ kommen, sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Gegen beides sperrt sich bislang die FDP.
Zeitgleich erhielt Deutschland einen blauen Brief aus Brüssel, weil die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung immer noch nicht umgesetzt ist. Die EU verlangt eine Mindestspeicherzeit der Daten von sechs Monaten und hat bislang 24 Monate als Obergrenze gezogen. EU-Richtlinien sind bindend und müssen in nationales Recht umgesetzt werden. Die EU-Kommission hat im Vertragsverletzungsverfahren zunächst eine Stellungnahme des Bundesjustizministeriums angefordert.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) reagierte gelassen. „Das ist ein üblicher Vorgang“, sagte sie in Berlin. Sie kritisierte, dass die EU-Kommission versuche, „mit aller Macht in den Mitgliedsstaaten eine Richtlinie noch durchzusetzen, die mit Sicherheit nicht in der Zukunft in dieser Form so Bestand haben wird“. Sie verteidigte ihren eigenen Vorschlag, Daten grundsätzlich nur bei einem konkreten Anfangsverdacht einer Straftat sichern zu lassen.
Die Innenminister haben keine konkrete Speicherfrist in ihren einstimmigen Beschluss geschrieben, mit dem sie die modifizierte Wiedereinführung der im vergangenen Jahr vom Bundesverfassungsgericht kassierten Regelung fordern. SPD-Mann Körting betonte, dass man letztlich die Mindestspeicherzeit der EU-Regelung übernehmen wolle.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) geht davon aus, dass die Dauerstreitthemen in der Regierung bald beigelegt werden. Man sei in „guten Gesprächen“ mit dem Bundesjustizministerium. Bei den Anti-Terror-Gesetzen rechne er damit, dass bald ein Fahrplan verabschiedet werden kann. „Ich kann Ihnen zusagen, dass wir in den nächsten Wochen einen gemeinsamen Beschluss vorlegen werden.“
Auf der Grundlage der Gesetze können die Nachrichtendienste von bestimmten Stellen Daten über Terrorverdächtige abfragen. Die Innenminister betonten, dass so mehrere Verdächtige festgenommen werden konnten. Deutschland werde von Einzeltätern und von Terror-Netzwerken bedroht, sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU). „Wir brauchen die Rechte. Hier muss wirklich geliefert werden.“ Besonderes Augenmerk soll künftig auf die Gruppe der radikal-islamistischen Salafisten gelegt werden, zu denen nahezu jeder Terrorverdächtige vor seinen Taten Kontakt gehabt habe.
Die Innenminister zeigten sich außerdem besorgt über linksextremistische Gewalt. Nach einem Rückgang im Jahr 2010 gebe es nun wieder eine „dramatische Zunahme“ der Fallzahlen, sagte Friedrich. Nach Angaben des hessischen Innenministers Boris Rhein (CDU) wird sich künftig wieder eine Koordinierungsgruppe im Bundeskriminalamt um das Thema kümmern. Das habe es zuletzt während der RAF-Zeiten gegeben. Zudem wollen die Innenminister die Fußballvereine stärker an den Sicherheitskosten bei Fußballspielen beteiligen.