Bildungsbericht: Miese Noten für Deutschland

Der Bericht der OECD stellt in Sachen Bildung ein schlechtes Zeugnis aus: zu wenig Hochqualifizierte, zu geringe Investitionen.

Berlin. Deutschland kommt beim Ausbau des Bildungssystems im Vergleich zu anderen wichtigen Industriestaaten nur schleppend voran.

Nach dem jüngsten OECD-Bildungsbericht 2011 konnten bedeutende Konkurrenten Deutschlands auf dem Weltmarkt die Zahl ihrer Hochqualifizierten weitaus stärker steigern.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist der Zusammenschluss der wichtigsten Industrienationen.

Zwar hat sich der Anteil unter den 25- bis 64-Jährigen in Deutschland mit Studienabschluss von 14 Prozent (1995) auf 28 Prozent (2009) verdoppelt. Im selben Zeitraum stieg die Hochqualifizierten-Quote der anderen Industrienationen jedoch von 20 auf 38 Prozent.

In keinem anderen Industrieland sei das Bildungsniveau in den vergangenen 50 Jahren „so außergewöhnlich langsam angestiegen“ wie in Deutschland, sagte der OECD-Bildungsexperte Andreas Schleicher bei der Vorstellung des Berichts in Berlin.

Doch es fehlten nicht nur Akademiker, sondern auch Meister und Techniker sowie andere qualifizierte Fachkräfte. In der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen, die in den nächsten Jahren in Deutschland aus dem Arbeitsleben ausscheiden, sind 2,46 Millionen Akademiker.

In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen ist diese Zahl mit 2,48 Millionen nur geringfügig höher. Gleichzeitig ist aber die Nachfrage nach Hochschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt in der Wirtschaft weltweit stark gewachsen.

Wegen des knappen Angebots an akademischen Arbeitskräften müssen deutsche Arbeitgeber deutlich mehr für diese qualifizierten Beschäftigten zahlen als in anderen OECD-Ländern. Im Schnitt sind dies 20 000 US-Dollar pro Jahr mehr.

Schleicher: „Nie zuvor ist es den Besserqualifizierten bessergegangen. Und nie zuvor haben Geringqualifizierte so große Arbeitsmarktprobleme gehabt.“ Dabei lohnt sich eine akademische Ausbildung auch für den Staat.

Nach Abzug der Ausbildungskosten von 42 000 US-Dollar im Schnitt beträgt in Deutschland der „Gewinn“ etwa durch Steuermehreinnahmen durchschnittlich 170 000 US-Dollar.

Für fast alle untersuchten Industrienationen gilt laut Bericht: Je höher das Bildungsniveau ist, desto zufriedener sind die Menschen mit ihrer Arbeit und der Gesellschaft. Sie engagieren sich häufiger ehrenamtlich. Selbst die Wahlbeteiligung steigt — auf bis zu 95 Prozent unter den am besten ausgebildeten.

Die Bildungsausgaben liegen in Deutschland nach internationalen OECD-Kriterien immer noch deutlich unter dem Schnitt der anderen Industrienationen. 1995 gab Deutschland 5,1 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Bildung aus. 2008 waren dies laut Bericht 4,8 Prozent. Der OECD-Schnitt lag bei 5,9 Prozent.

Damit lag Deutschland auf Platz 30 unter 36 Industrienationen. Besonders niedrig im Vergleich sind die Aufwendungen für die Grundschulen. Die Folge sei, dass in der Bundesrepublik die Klassen größer seien und mehr Schüler auf eine Lehrkraft kämen.