Merkel-Machtwort: Nicht über Griechen-Pleite spekulieren

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Spekulationen über eine Pleite Griechenlands zurückgewiesen und sich damit von ihrem FDP-Vizekanzler Philipp Rösler distanziert.

Mit dem Euro entscheide sich die Zukunft Europas: „Und deshalb sollte jeder auch seine Worte sehr vorsichtig wägen. Was wir nicht brauchen können, ist Unruhe auf den Finanzmärkten“, sagte Merkel am Dienstag im RBB-Inforadio. Die Opposition griff FDP-Chef Rösler scharf an, der eine geordnete Insolvenz Athens nicht ausgeschlossen hatte.

Merkel erklärte am Dienstag nach einem Gespräch mit dem finnischen Ministerpräsidenten Jyrki Katainen in Berlin, es gebe das Bedürfnis, mit einem Schlagwort wie Eurobonds oder Insolvenz die Schuldenkrise auflösen zu wollen. „Das wird nicht passieren. (...) Sondern es wird ein sehr langer, schrittweiser Prozess sein.“ Zugleich bemühte sich die Kanzlerin, die Debatte über die Rösler-Aussagen und die Griechenland-Schelte der CSU einzudämmen. Die schwarz-gelbe Regierung habe eine gemeinsame Position zu den anstehenden Schritten.

Wirtschaftsminister Rösler hielt an seiner Position fest. „Die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist unumgänglich. Dabei darf es keine Denkverbote geben“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Ziel sei es aber, Griechenland in der Euro-Zone zu behalten.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle stellte sich hinter Rösler. Die FDP bekenne sich zum Euro - aber: „Den Griechen muss deutlich gemacht werden, dass es keine Endlos-Solidarität geben kann“, sagte Brüderle dem „Handelsblatt“ (Mittwoch).

Rückendeckung erhielt Rösler auch aus der hessischen FDP-Spitze. Der Landesvorsitzende und Vize-Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn sagte der dpa: „Unser Parteichef hat vollkommen Recht, dass es keine Denkverbote geben darf.“ Der schleswig-holsteinische FDP-Chef Jürgen Koppelin sagte dem „Tagesspiegel“ (Mittwoch), Griechenland sei „wie ein Alkoholiker, den man auffordert, das Trinken einzustellen und ihm gleichzeitig eine Kiste Schnaps gibt“.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Wirtschaftsminister Rösler indes vor, mit seinen Äußerungen über einen möglichen Athener Staatsbankrott die Krise verschärft zu haben. „Den deutschen Steuerzahler wird dies weitere Milliarden kosten“, sagte Steinmeier der dpa. Ein Vizekanzler der größten Volkswirtschaft in Europa müsse wissen, dass er mit solchen Sätzen die Finanzmärkte gefährlich ins Rutschen bringen könne.

Auch die Grünen attackierten Rösler. Linke-Chef Klaus Ernst sagte n-tv: „Jede aus der Bundesregierung lancierte Spekulation über eine Pleite Griechenlands oder einen Ausschluss aus dem Euro bringt das Land einen Schritt näher an den Abgrund.“

Rösler hatte in einem Beitrag für die Zeitung „Die Welt“ geschrieben, es dürfe auch kurzfristig keine Denkverbote mehr geben. „Dazu zählt notfalls auch eine geordnete Insolvenz Griechenlands, wenn die dafür notwendigen Instrumente zur Verfügung stehen.“ Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms stellte bei „Welt Online“ nun auch das zweite Griechenland-Paket infrage, über das der Bundestag im Spätherbst gesondert abstimmt. Die CSU fordert notfalls einen Rauswurf von Schuldenstaaten wie Griechenland aus der Euro-Zone.

Merkel sagte zur Koalitionsdebatte: „Ich glaube, wir tun Griechenland den größten Gefallen, indem wir wenig spekulieren, sondern Griechenland ermutigen, die Verpflichtungen auch umzusetzen, die es eingegangen ist.“ Vor der Kanzlerin hatte sich schon Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) indirekt von Rösler distanziert. Die Finanzmärkte reagierten derzeit „übertrieben nervös“, sagte er am Montagabend im ZDF. „Da macht es keinen Sinn, (...) die Nervosität durch Gerede zu verstärken.“

Merkel betonte nach dem Treffen mit Katainen, Deutschland und Finnland seien sich einig, dass die Euro-Gruppe enger und mit klaren Regeln zusammenarbeiten müsse. Finnland verlangt als einziger der 17 Euro-Staaten von Griechenland zusätzliche Sicherheiten als Pfand. Dazu meinte Merkel, sie sei zuversichtlich, dass eine einvernehmliche Lösung der Euro-Partner gefunden werden könne: „Ich bin ganz optimistisch, dass das geht.“