Bund und Länder mit Steuerplus
Berlin (dpa) - Bund und Länder haben im Juli trotz des Konjunktureinbruchs im zweiten Quartal nochmals kräftig steigende Steuereinnahmen verbucht. Das Aufkommen - ohne reine Gemeindesteuern - kletterte im Vergleich zum Vorjahresmonat um 9,9 Prozent.
Das geht aus dem aktuellen Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums hervor. Beim Abbau der Verschuldung macht Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) trotz eingetrübter Konjunkturaussichten keine Abstriche. Sein Ministerium peilt nach wie vor - wie schon Mitte Juli angekündigt - vom Jahr 2014 an gesamtstaatlich einen ausgeglichenen Haushalt an.
Von Januar bis Juli nahmen die Steuereinnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 9,4 Prozent auf insgesamt rund 296,56 Milliarden Euro zu. Das Sieben-Monatsplus lag damit deutlich über dem für das Gesamtjahr in der Mai-Steuerschätzung vorausgesagten Zuwachs von 4,4 Prozent.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich die zuletzt überraschend schwache Konjunktur in Deutschland mit Verzögerung auch bei den weiteren Steuereinnahmen des Staates niederschlagen wird.
Zwischen April und Juni war die deutsche Wirtschaft unerwartet stark eingebrochen und nur um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Das war deutlich weniger als zum Jahresauftakt. Auch für den weiteren Jahresverlauf rechnet das Finanzministerium im Vergleich zum Jahresbeginn mit einer geringeren Wachstumsdynamik.
Schäuble befürchtet aber - im Gegensatz zu manchen Ökonomen - keine Rezession in Deutschland. „Es gibt eine gewisse Dämpfung überzogener Erwartungen, aber es gibt keine Anzeichen für eine Rezession“, sagte er im Deutschlandfunk.
„Wir haben eine gewisse Abschwächung einer konjunkturellen Entwicklung, die ja stärker gewesen ist, (...) als alle das vorhergesehen haben.“ Jetzt spreche aber alles dafür, dass in diesem Jahr immer noch drei Prozent Wachstum erreicht werden. „Das heißt, wir liegen über dem, was Anfang des Jahres vorhergesehen war.“
Mitte Juli hatte das Finanzministerium angekündigt, in diesem Jahr das Staatsdefizit auf 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken - stärker als zuvor geplant. Erlaubt sind nach dem Maastricht-Vertrag maximal 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Der gesamte Schuldenstand Deutschlands soll bis Ende 2011 auf gut 80 Prozent und im Jahr 2015 auf 71 Prozent des BIP gedrückt werden. Maximal erlaubt sind eigentlich 60 Prozent. In seinem aktuellen Monatsbericht bekräftigte das Ministerium diese Ziele, die am 13. Juli für den Stabilitätsrat von Bund und Ländern mit der aktuellen Mittelfristprognose veröffentlicht wurden.
SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider warnte, die positiven Meldungen gingen davon aus, dass die Wirtschaft weiter auf dem Niveau vom Anfang diesen Jahres wächst. „Die Risiken für die Weltwirtschaft aus der Staatsschuldenkrise und den Entwicklungen in den USA sowie auf dem Interbankenmarkt sind dabei jedoch nicht berücksichtigt.“
Schneider warf Schäuble vor, die Neuverschuldung zu wenig zu senken. „Der Haushalt des nächsten Jahres könnte aufgrund von konjunkturellen Verbesserungen mit einer Neuverschuldung von 20 Milliarden Euro auskommen.“ Schäuble plane dagegen mit 27 Milliarden Euro und „verpulvert so einen Teil dieser Mehreinnahmen für neue Ausgaben, um so die Koalition zusammenzuhalten“.
Auch Grünen-Haushaltsexpertin Priska Hinz forderte, die konjunkturell bedingten Steuermehreinnahmen für einen stärkeren Defizitabbau zu nutzen. Sie dürften nach der Schuldenbremse nicht als Begründung für eine Steuersenkung eingesetzt werden. Eine schwächere Konjunktur als erwartet „würde die Finanzplanung der Bundesregierung über den Haufen werfen“. Diese stehe angesichts der Luftbuchungen bei der Finanztransaktionssteuer und nicht gedeckter Milliarden-Einsparungen schon jetzt nur auf tönernen Füßen.