Der Machtkampf um die Frauenquote
Arbeitsministerin von der Leyen erhält Unterstützung von der Europäischen Union.
Berlin. Die Frauenquote ist in aller Munde. Plötzlich wollen sie fast alle, doch jeder auf seine Weise. Auch die Bundesregierung hat sich die Frauenförderung zum Ziel gesetzt, doch wie das geschehen soll, darüber sind Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und ihre CDU-Parteifreundin, Familienministerin Kristina Schröder, zerstritten.
Von der Leyen will eine gesetzliche, verbindliche Quote von 30 Prozent für Vorstände und Aufsichtsräte großer börsennotierter Unternehmen. Unterstützung bekommt sie auch aus der EU-Kommission. Falls bis Jahresende die Konzerne nicht selbst aktiv werden, will Brüssel rechtliche Vorgaben für eine Frauenquote in Aufsichtsräten machen, kündigte EU-Justizkommissarin Viviane Reding an. „Ich möchte erreichen, dass bis 2015 zunächst 30 Prozent und bis 2020 dann 40 Prozent der Aufsichtsräte der börsennotierten Unternehmen auf Europas Binnenmarkt weiblich sind“, sagte Reding.
Familienministerin Schröder hingegen setzt auf eine Soft-Variante mit einer „Pflicht zur Selbstverpflichtung“ ohne starre Quote. Sie kann sich damit der Unterstützung der Wirtschaft sicher sein. Und auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) signalisierte Beistand.
Die Diskussion um die Frauenquote ähnelt fast dem Feilschen auf orientalischen Basaren: Manche in den Unternehmen halten schon 20 Prozent für zu viel. Die Frauen in der Unionsfraktion haben einen Stufenplan für eine 30-Prozent-Regelung bis 2018 ins Gespräch gebracht. SPD und Grüne sind für 40 Prozent, die Linken für 50 Prozent Frauenanteil in den Führungsetagen der Wirtschaft.
Was den Streit im Kabinett angeht, werden manche dabei an eine Art Zickenkrieg erinnert. Nach Lesart der Bundeskanzlerin ist es aber ein ganz „normaler Diskussionsprozess“. Tatsächlich sieht es in Deutschland für weibliche Führungskräfte schlecht aus: Bei mehr als 90 Prozent der 100 größten Unternehmen gibt es keine Frau im Vorstand. Dabei existiert seit zehn Jahren eine Vereinbarung mit der Wirtschaft auf freiwilliger Basis. Die sei „krachend gescheitert“, sagt von der Leyen. Ihr Fazit: „Für die Frauen hat sich kaum was bewegt.“
Schröder, die erst seit einem Jahr im Amt ist und seit Anbeginn im Schatten ihrer Vorgängerin von der Leyen steht, wagt nach ersten kleineren Scharmützeln nun den ersten richtigen Machtkampf mit der Konkurrentin. Wie es aussieht, stehen die Chancen gar nicht schlecht, dass die Bundesfamilienministerin und werdende Mutter die Mehrheit der Kabinettskollegen hinter sich bringt — und damit den Kampf gewinnt.