CDU-Parteitag Ein Parteitag wie eine Wundertüte
Berlin · Die Union kommt in Hamburg zu einem historischen Treffen zusammen – Angela Merkel tritt ab.
Es wird ein Treffen der Superlative werden. So viele Kandidaten für den Vorsitz wie noch nie treten an, so viele Journalisten wie noch nie reisen nach Hamburg – und so spannend wie noch nie wird der 31. Parteitag der CDU Deutschlands.
Auch Angela Merkel muss sich an diesem Freitag in ihrer Geburtsstadt auf einiges gefasst machen. Zwar ist die 64-Jährige nicht gerade für Gefühlsausbrüche bekannt, doch wenn man nach 18 Jahren den Chefposten abgibt, dann dürfte das selbst für Merkel nicht frei von Emotionen sein. Zumal die Christdemokraten der Kanzlerin kräftig huldigen wollen. Wie genau, ist noch geheim. Das passt zum Parteitag.
Denn der zweitägige Konvent in der Hamburger Messe gilt intern als „Wundertüte“. Keiner weiß, wie genau das Polit-Spektakel ablaufen und was passieren wird. Nur in einem ist man sich in der Zentrale sicher: „Der Parteitag wird historisch.“ Klar, weil Merkel geht. Aber auch, weil die 1001 Delegierten erstmals in der Geschichte der CDU die Wahl zwischen drei Kandidaten haben, die die Merkel-Nachfolge antreten wollen: Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer (56), Polit-Wiedereinsteiger Friedrich Merz (63) und Gesundheitsminister Jens Spahn (38). Im Vorfeld hatten auch mehrere Außenseiter angekündigt, ihren Hut in den Ring werfen zu wollen. Jedoch verfügt keiner der Bewerber bisher über eine Nominierung durch ein Parteigremium wie einen Kreisverband. Aber: Wenn nur ein Delegierter weitere Bewerber vorschlägt, können auch die an der Wahl teilnehmen. Mit entsprechender Redezeit.
Womit ein Thema benannt ist, um das im Vorfeld stark gerungen wurde. Wie lange dürfen die Kandidaten bei ihrer Vorstellung sprechen? Möglichst lange, war der Wunsch im Merz- und Spahn-Lager. Denn beide verfügen über großes rhetorisches Talent, Merz noch mehr als Spahn. Bei den acht Regionalkonferenzen mit den drei Anwärtern wurde das deutlich. Freilich gelang es auch Spahn schon mal, mit einer fulminanten Rede die Stimmung zu drehen – das war beim CDU-Parteitag 2016 in Essen, als er gegen Merkels Willen einen Beschluss zur Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft herbeiführte. Hingegen räumt man im Umfeld von Kramp-Karrenbauer ein, dass Rhetorik im Vergleich nicht die größte Stärke der Saarländerin ist. In der Kürze liegt die Würze, lautet daher das Motto von „AKK“.
Bis gestern waren 20 Minuten Vorstellungszeit für jeden Bewerber im Gespräch. Endgültig festlegen wird das an diesem Donnerstag das Tagungspräsidium – und dann muss am Freitag der Parteitag dem auch noch zustimmen. Definitiv fest steht, dass die Aspiranten in alphabetischer Reihenfolge sprechen werden. Und fest steht auch, dass laut Statut der Kandidat die Wahl gewinnt, der mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf sich vereint. Intern wird mit einer Stichwahl zwischen den beiden Anwärtern mit den meisten Stimmen gerechnet. Optimisten gehen davon aus, dass am späten Freitagnachmittag klar sein könnte, wer neuer CDU-Chef ist. Pessimisten glauben eher an den späteren Abend. Am Samstag werden die Delegierten dann noch rund 260 Anträge beraten, denn die CDU will die Weichen für ein neues Grundsatzprogram stellen. Ebenfalls nicht ganz unwichtig.
Und Angela Merkel? Mit Spannung wird am Freitagvormittag ihr Rechenschaftsbericht erwartet, zu dem es auch eine Aussprache geben soll. Ihr Abschied beginnt allerdings schon an diesem Donnerstag um 15 Uhr. Dann wird sie im Hotel „Atlantic“ zum letzten Mal die Sitzungen des CDU-Präsidiums und eine Stunde später des Bundesvorstandes leiten. Zwar wird sie als Bundeskanzlerin beiden Führungsgremien weiterhin mit Sitz und Stimme angehören. Auch, so heißt es, wird sie ein Büro im Konrad-Adenauer-Haus behalten. Aber sie hat eben nicht mehr den Einfluss, der mit dem Vorsitz verbunden ist. Am Abend wird Merkel dann im Kaispeicher B die weit mehr als 1000 akkreditierten Journalisten begrüßen, die zum traditionellen Presseempfang am Vorabend des Parteitages erwartet werden. Die Aufmerksamkeit dürfte diesmal allerdings weit mehr den möglichen Nachfolgern gelten. Nicht mehr ganz so wichtig zu sein, auch das wird Angela Merkel noch lernen müssen.