Einstimmiger Länderappell: Mehr Geld für die Bahn
Berlin (dpa) - Millionen ärgerten sich im Dezember über die vielen Ausfälle bei der Bahn. Vorstandschef Grube gelobt Besserung, ohne Garantien zu geben. Im Streit um die Dividende des Staatskonzerns bleibt der Bund hart.
Nach dem Weihnachtschaos soll die Bahn aus Sicht der Länder künftig genügend Geld für den laufenden Betrieb auch bei Eis und Schnee bekommen. Den Bund forderten die Landesminister bei einem Sondertreffen am Montag einstimmig zu einer entsprechenden Verwendung der Bahngewinne auf, solange der Staatskonzern nicht genug Finanzmittel für Mindeststandards bei extremem Wetter bekomme.
Bahnchef Rüdiger Grube stellte eine weitere Entschädigung für die Kunden der krisengeplagten Berliner S-Bahn in Aussicht. Schon 2010 hatte die Bahn mit Freifahrten im Wert von gut 70 Millionen Euro Wiedergutmachung für die zahllosen Zugausfälle und Verspätungen geleistet. Bahn und Fahrzeughersteller streiten, wer für die Technikpannen verantwortlich ist.
Im Kreis der Bundesländer gab es aber keine Mehrheit für die Forderung, dass der Bund als Eigentümer auf seine jährliche 500-Millionen-Dividende verzichtet. Das Bundesfinanzministerium will hier nicht nachgeben: „Die 500 Millionen Euro, die stehen nicht zur Disposition.“ Man könne die Winterprobleme nicht mit den Gewinnausschüttungen verknüpfen. Auch Haushaltsexperten von Union und FDP pochten auf die Auszahlung zugunsten des Bundesetats.
Grube eilte am Montag von einem Krisentreffen zum nächsten - erst war er wegen der S-Bahn im Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, dann musste er den Verkehrsministern Rede und Antwort stehen. Garantien für den nächsten Winter wollte er nicht geben. „Bei der Eisenbahn soll man nie etwas garantieren.“ Doch die Bahn gebe sich alle Mühe, dass es nicht erneut zu ähnlichen Einschränkungen komme.
Für die zahlreichen Zugausfälle bei der S-Bahn seit Dezember machte Grube vor allem den strengen Winter mit viel Eis und Schnee verantwortlich. Es habe in diesem Winter bislang fast 1200 Störungen der Antriebsmotoren gegeben, obwohl die S-Bahn „so umfangreich vorbereitet“ gewesen sei wie noch nie zuvor.
Das Bundesverkehrsministerium drängt die Bahn seit einigen Tagen zu Investitionen in eine neue Berliner S-Bahn-Flotte, die der Konzern selbst übernehmen soll. Sie gelten aber als wenig wahrscheinlich, solange die Bahn keine Gewissheit hat, den S-Bahn-Betrieb über 2017 hinaus fortsetzen zu können. Der derzeit gültige Verkehrsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg mit der S-Bahn ist bis 2017 befristet. Grube sprach im Ausschuss von 700 notwendigen Doppelwagen für das Netz und einem Aufwand von zwei Milliarden Euro. Die Bahn sei bereit, die Kosten für tragfähige Lösungen zu übernehmen.
Der brandenburgische Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) sagte zu den vielen Zugausfällen: „Wir erwarten, dass solche Dinge abgestellt werden.“ Grube sei in der Verantwortung. Hinter verschlossener Tür habe es reichlich Kritik am Bahnchef gegeben. Grube habe umfassend über die Probleme berichtet.
Grube warb für Verständnis: Höhere Gewalt wie Blitzeis, die Gefahr fliegender Steine vom Gleisbett und Probleme bei der Stromzufuhr hätten sich überschnitten. Er räumte ein, die Bahn habe derzeit nicht genügend Züge für ein besseres Angebot in Extremsituationen. Die ICE- 3-Züge und ICE mit Neigetechnik müssten zehn- bis zwölfmal häufiger in die Werkstatt als geplant. „Das ist ein großer Engpass.“ Besser werden müsse die Bahn bei der Information der Reisenden. Insgesamt würden binnen fünf Jahren 44 Milliarden Euro investiert, sagte Grube.
Die Länder zweifeln, ob dieses Geld reicht. Der sächsische Staatsminister Sven Morlok (FDP) betonte, 50 Milliarden müssten es sein. Auch Bundesverkehrsstaatssekretär Klaus-Dieter Scheurle sprach von einem Investitionsstau.
Der Verband der Bahnindustrie bestritt Fehler der Hersteller. Es sei unverständlich, „wenn in den letzten Tagen immer wieder von konstruktionsbedingten Mängeln bei Zügen des Nah- und Fernverkehrs gesprochen wird“. Sowohl die ICE als auch die Berliner S-Bahn-Wagen der jüngsten Generation hätten bis zum Ende der Gewährleistungsfrist bei jedem Wetter ihre Tauglichkeit bewiesen, so der Verband. Erst danach seien Probleme aufgetreten. Bahn-Technikvorstand Volker Kefer sagte dagegen, die Züge wiesen „in zahlreichen Fällen konstruktive Mängel auf“. So vereisten Kupplungen und Einstiegstreppen bei Zügen sowohl im Fern- wie im Nahverkehr.