SPD: Spitzensteuersatz von 42 auf 49 Prozent anheben

Potsdam (dpa) - Als Partei des gesellschaftlichen Fortschritts will die SPD wieder stärker in die Offensive kommen. Die Sozialdemokraten wollen das Vertrauen der Arbeitnehmer und Mittelschichten zurückgewinnen.

Das kündigte Parteichef Sigmar Gabriel am Montag zum Auftakt einer Klausur des Vorstands in Potsdam an. Erste konkrete Vorschläge werden im Entwurf für ein „Fortschrittsprogramm“ der Parteispitze genannt. Darin spricht sich die SPD dafür aus, Arbeitnehmer mit einem Monats-Bruttoeinkommen zwischen 800 und 3000 Euro bei Steuern und Abgaben spürbar zu entlasten.

Zur Gegenfinanzierung soll der Spitzensteuersatz von 42 auf 49 Prozent angehoben und der bisherige Ehegattensplitting-Vorteil zugunsten von Familien mit Kindern abgebaut werden. Weiter plädiert die SPD für eine „gerechtere“ Vermögens- und Kapitalbesteuerung. Die Steuervergünstigungen von Union und FDP für Hoteliers und Erben sollen wieder rückgängig gemacht werden.

In dem 43-seitigen Papier wird weiter ein Sondervermögen für Bildung vorgeschlagen. In diesen Topf sollen alle Gelder des Bundes für den Ausbau von Kindertagesstätten und Ganztagsschulen fließen und damit für mehr Planungssicherheit sorgen.

Mit den Steuer-Festlegungen geht die SPD-Spitze auf offene Konfrontation zu den Vorstellungen der Parteilinken. Sie lehnen eine allgemeine Senkung von Steuern und Sozialabgaben weiter kategorisch ab. „Dies würde etliche Milliarden kosten und letztlich nur wenige Euro an Entlastungswirkung nach sich ziehen“, heißt es in einem Papier der Linken.

Nach ihrer Ansicht sollten mit diesen Mitteln vielmehr Bildungsprojekte finanziert werden. Anders als die SPD-Spitze fordert der linke Flügel auch die Aufhebung des Kooperationsverbots für eine gemeinsame Finanzierung von schulischen Aufgaben durch Bund und Länder im Grundgesetz.

Die realen Einkommensverluste für die Beschäftigten haben nach Ansicht von Gabriel inzwischen zu einer Vertrauenskrise in die demokratische Politik geführt. Diese Erosion müsse durch eine Neujustierung zwischen ökonomischem Fortschritt und gesellschaftlichem Wohlstand gestoppt werden. Deshalb werde die SPD ihren Gesellschaftsentwurf neu formulieren.

Zum Auftakt der Klausur diskutierte die SPD mit Publizisten und Vertretern gesellschaftlicher Gruppen darüber, was Fortschritt heute bedeute. Zu den Teilnehmern gehörten der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber und der Chef der Industriegewerkschaft BCE, Michael Vassiliadis. Zum Abschluss der Klausur soll am Dienstag ein Arbeitsprogramm für 2011 verabschiedet werden. Dieses Jahr werde für die SPD „ein Jahr der Profilierung und inhaltlichen Klärung“, zeigte sich Gabriel überzeugt.