„Kunst der Aufklärung“ in Peking
Peking (dpa) - Unter dem Titel „Kunst der Aufklärung“ hat am Freitag die bislang größte deutsche Kunstausstellung in China begonnen. Die Schau mit rund 600 Exponaten aus den staatlichen Sammlungen von Berlin, Dresden und München wurde von der chinesischen Staatsrätin für Kultur, Liu Yandong, und Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) im Nationalmuseum Peking eröffnet.
Westerwelle sprach von einem Meilenstein in den deutsch-chinesischen Beziehungen. „Die Ausstellung ist weder laut noch plakativ, daraus aber den Schluss zu ziehen, sie wäre unpolitisch, geht fehl“, sagte der Außenminister.
Zwischen den Zeilen ging Westerwelle auch auf das Thema Demokratie ein. Die Epoche der Aufklärung sei zwar immer wieder von Rückschlägen gekennzeichnet gewesen. Der mühsame Siegeszug der Vernunft habe das Selbstverständnis der Menschen in Europa aber grundlegend verändert. „Durch den Vormarsch der Vernunft wurden aus Obrigkeiten Regierungen. Aus Untertanen wurden Staatsbürger. Und aus Künstlern, die zuvor meist Dekorateure von Kirchen und Schlössern waren, wurden gesellschaftliche Akteure“, erklärte der Außenminister vor mehreren hundert geladenen Gästen im Foyer des Nationalmuseums.
Westerwelle dankte den Chinesen dafür, dass Deutschland die erste ausländische Ausstellung im Nationalmuseum ausrichten durfte. Es war in den vergangenen Jahren mit Hilfe deutscher Architekten umgebaut worden und ist nun mit knapp 200 000 Quadratmetern Fläche das größte Museum der Welt. Die Ausstellung mit Werken aus den Staatlichen Sammlungen zu Berlin, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München ist ein Jahr lang in Peking zu sehen. 417 der insgesamt 587 Exponate werden immer gezeigt, 150 als Austauschobjekte später ausgewechselt. Deutschland ließ sich die Schau rund zehn Millionen Euro kosten.
Die „Kunst der Aufklärung“ zeichnet in neun Kapiteln diese für Europa so wichtige Epoche und ihre Auswirkungen bis in die Gegenwart nach. Im letzten Raum der Ausstellung sind zeitgenössische Künstler wie Georg Baselitz und Neo Rauch vertreten. Für das 20. Jahrhundert stehen Namen wie Joseph Beuys und Andy Warhol. Zu den wichtigsten Exponaten zählen zwei Gemälde des Romantikers Caspar David Friedrich und eine Radierung von Francisco de Goya. Die Palette der Exponate umfasst auch Mode, Möbel, Porzellan und wissenschaftliche Geräte.
Schirmherren sind Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao sowie Bundespräsident Christian Wulff. Ein Programm in Regie der Stiftung Mercator soll in den kommenden zwölf Monaten den Dialog zum Thema Aufklärung befördern. Dazu sind auch kritische Künstler und Bürgerrechtler eingeladen. Hinzu kommt ein auf drei Jahre angelegtes Kultur-Austauschprogramm für chinesische und deutsche Nachwuchswissenschaftler.
Noch vor der Eröffnung gab es den ersten Misston. Schriftsteller Tilman Spengler - einer der besten deutschsprachigen China-Kenner - musste zu Hause bleiben, weil ihm die chinesischen Behörden die Einreise verweigerten. Grund dafür war offenkundig seine Lobrede auf Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. Zuvor war Spengler zur Vorbereitung der Schau fünf Mal eingereist, ohne dass es Probleme gab. Westerwelle entschied sich trotzdem, die Reise anzutreten.