Nach „Miri-Erlass“ Mehr Grenzschutz: Polizei findet 178 Ausländer mit Einreisesperre

Berlin · Als er zum zweiten Mal abgeschoben wurde, soll Ibrahim Miri gesagt haben, er komme wieder - und grüßen Sie mir Horst Seehofer. Dem Innenminister lässt der Fall des Clan-Chefs vielleicht auch deshab keine Ruhe. Seehofer setzt jetzt auf mehr Grenzschutz.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Seit knapp vier Wochen kontrolliert die deutsche Polizei im Grenzgebiet mit großem Aufwand. Das hat auch mit dem Fall des kriminellen Clan-Chefs Ibrahim Miri zu tun, der Lücken und Probleme der europäischen Migrationspolitik aufgezeigt hat.

Das Ergebnis der Kontrollen: bei knapp über 100 000 Überprüfungen sind 178 Ausländer entdeckt worden, die wie Miri trotz einer Wiedereinreisesperre nach Deutschland zurückkehren wollten. Die meisten von ihnen fielen nach Angaben von Bundespolizeipräsident Dieter Romann an den Grenzen zu Frankreich und Österreich auf. Eine zeitlich begrenzte Einreisesperre wird nach Abschiebungen grundsätzlich verhängt. Wie Romann weiter ausführte, waren einige der Aufgegriffenen schon mehrfach unerlaubt nach Deutschland zurückgereist.

Anders als im Fall des Bremer Clan-Kriminellen Ibrahim Miri kamen die meisten unerlaubten Rückkehrer aber nicht aus ihrem Herkunftsland nach Deutschland, sondern aus einem anderen EU-Staat, in den sie zuvor von der Bundespolizei im sogenannten Dublin-Verfahren zurückgebracht worden waren. Die Dublin-Regeln legen fest, in welchem Land ein Asylbewerber seinen Antrag auf Schutz stellen muss. In der Regel ist das der erste EU-Staat, in dem er von den Behörden registriert wurde.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte die Bundespolizei Anfang Oktober angewiesen, die Schleierfahndung im Grenzgebiet auszuweiten. Einen Monat später folgte dann - auch als Reaktion auf den Fall Miri - ein Erlass, wonach die Bundespolizei ab sofort ihre Kontroll- und Fahndungsmaßnahmen intensivieren solle - vor allem unmittelbar an den Grenzen. Menschen mit einer Einreisesperre für Deutschland sollten so möglichst schon an der Grenze zurückgewiesen werden. Laut Romann wurden von den 178 Ausländern, die in 27 Tagen bei mehr als 100 000 Kontrollvorgängen auffielen, 94 zurückgewiesen oder zurückgeschoben. Die restlichen Ausländer kamen zum Teil in Gewahrsam, wurden den Polizeibehörden der Länder übergeben, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) oder den Jugendämtern.

Diejenigen, die trotz einer Einreisesperre ein zweites oder drittes Mal nach Deutschland kommen, sind im Verhältnis zur Zahl der Schutzsuchenden eine kleine Gruppe. Dass sich Seehofer diesem Phänomen jetzt vordringlich widmet, hat auch mit dem vorbestraften Clan-Chef zu tun. Ibrahim Miri war in Deutschland 19 Mal rechtskräftig verurteilt worden, unter anderem wegen Raubes, schweren Diebstahls, Hehlerei und bandenmäßigen Drogenhandels. Im Juli wurde er in den Libanon abgeschoben.

Ende Oktober tauchte er plötzlich in seinem alten Wohnort Bremen auf und stellte einen Asylantrag. Er wurde festgenommen und rund einen Monat später wieder abgeschoben. Kurz darauf flog er von Beirut nach Istanbul, möglicherweise um erneut nach Deutschland zu reisen. Die türkischen Behörden zwangen ihn jedoch zur Rückkehr in den Libanon. Alleine die beiden Abschiebeflüge kosteten den Steuerzahler laut Romann zusammen rund 111 000 Euro. Die Bundesländer, die dafür bezahlen müssen, wollen versuchen, sich das Geld von Miri zurückzuholen.

„Da kann viel Vertrauen zerstört werden, wenn sich der Rechtsstaat in solchen eindeutigen Fällen nicht wehrhaft zeigt“, sagt Seehofer. Deshalb sei sein Ministerium „mit Hochdruck dabei, die Durchsetzung des Rechts auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit Miri zu prüfen“. Darüber, wie eine mögliche Reform in diesem Bereich aussehen könnte, sei man auch bereits im Gespräch mit dem Justizministerium.

Das Ergebnis der zusätzlichen Kontrollen, die den Überstunden-Berg bei der Bundespolizei wohl weiter haben anwachsen lassen, zeigt aus Sicht von Seehofer auch, dass sich die Europäische Union besser so bald wie möglich vom Dublin-System verabschieden sollte. Denn das funktioniere ja ganz offensichtlich nicht. Das Bundesinnenministerium hat ein neues Konzept für eine Verteilung von Asylbewerbern in Europa erarbeitet. Es sieht unter anderem eine Asyl-Vorprüfung an den EU-Außengrenzen vor. Ob Deutschland die anderen Mitgliedstaaten von diesem Konzept überzeugen kann, ist noch offen.

(dpa)