Kommentar Der Mord und die Diplomaten

Meinung | Berlin · Die Bundesregierung erklärt nicht einfach mal so zwei russische Botschaftsmitarbeiter mit sofortiger Wirkung zu personae non gratae, zu unerwünschten Personen. Sozusagen aus Lust und Laune.

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Sie macht das auch nicht allein deshalb, weil man extrem verärgert ist über die mangelnde Kooperation der Russen bei der Aufklärung des möglichen Auftragsmordes an einem Georgier in Berlin. Dass die eine Seite mehr erwartet, als die andere bereit ist zu liefern, ist in der Außenpolitik gang und gäbe. Wenn die Regierung zu diesem diplomatisch sehr scharfen Schwert greift, dann scheinen den Behörden Erkenntnisse vorzuliegen, die darauf hindeuten, dass die russische Seite tatsächlich weit tiefer in den Fall verstrickt ist als bisher öffentlich bekannt. Und offenbar auch die Personen, die nun in sieben Tagen Deutschland verlassen müssen.

Dafür spricht schon der Umstand, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich gezogen hat. Er sieht Anhaltspunkte für eine Tötung im Auftrag von staatlichen Stellen. Gewiss, mit schnellen Urteilen und Verdächtigungen muss man vorsichtig sein. Und der festgenommene, mutmaßliche Mörder schweigt beharrlich. Allerdings sollte sich keiner etwas vormachen - die Arme der Geheimdienste sind lang. Auch die der russischen. Das belegt nicht zuletzt der Fall des russischen Ex-Agenten Sergej Skripal und seiner Tochter, die im vergangenen Jahr in Großbritannien vergiftet wurden. Damals startete Moskau ein Feuerwerk an Verschwörungstheorien – am Ende kam die Wahrheit aber doch weitgehend ans Tageslicht.

Dass Russland jetzt Vergeltung ankündigt, ist zu erwarten gewesen. Diese Reaktion darf aber nicht davon abhalten, weiter konsequent auf Aufklärung zu drängen. Um die deutsch-russischen Beziehungen muss man sich deshalb wenig sorgen – viel schlechter als im Moment geht es sowieso nicht mehr.