Merkel kritisiert Maßlosigkeit bei Managern

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel beklagt Maßlosigkeit bei Managergehältern und ist jetzt doch zu einem nationalen Alleingang für mehr Kontrolle durch die Aktionäre bereit. Nach dem Schweizer Referendum vor zwei Wochen wollte die Regierung davon nichts wissen und auf einen späteren EU-Vorschlag warten.

CDU-Chefin Merkel sagte am Mittwoch in einem Interview mit der „Freien Presse“ aus Chemnitz: „Maßlosigkeit darf in einer freien und sozialen Gesellschaft nicht sein.“ Sie verstehe sehr gut, wenn Menschen über völlig aus dem Rahmen fallende Gehälter den Kopf schüttelten.

Union und FDP wollen noch vor der Bundestagswahl am 22. September per Gesetz das deutsche Aktienrecht ändern, damit Aktionäre - und nicht mehr der Aufsichtsrat - bei den Manager-Bezügen in der Hauptversammlung das letzte Wort haben. Eine Obergrenze soll es aber nicht geben. Ob die Opposition im Bundesrat mitzieht, ist offen. SPD, Grüne und Linke haben in der Länderkammer eine Blockade-Mehrheit. In der Schweiz werden die Aktionäre künftig jährlich über die Gehälter des Managements abstimmen. Hohe Abfindungen und Antrittsgelder werden ganz verboten. Nach der erfolgreichen Volksabstimmung im Nachbarland hatten sich auch in Deutschland die Forderungen nach einer Eindämmung der Bezüge von Spitzenkräften gemehrt.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach sich für eine gesetzliche Regelung aus, sollte es keine freiwilligen Lösungen geben. Die Initiative der Koalition geht den Sozialdemokraten aber nicht weit genug. Die steuerliche Absetzbarkeit von Gehältern, Boni und Abfindungen müsse begrenzt werden. „Das ist der Lackmustest für die schwarz-gelbe Glaubwürdigkeit“, meinte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß.

Auch Merkel betonte nun, leider reiche es nicht aus, das Thema ausschließlich der Selbstregulierung der Wirtschaft zu überlassen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Kanzlerin unterstütze beides - die Koalitionspläne und die Arbeiten der EU-Kommission. Das sei kein Widerspruch. Aus der Fraktion von CDU und CSU verlautete, Deutschland sei schon mehrfach auf EU-Ebene vorangegangen, etwa beim Verbot von Leerverkäufen von Aktien.

Druck hatte der Koalitionspartner FDP gemacht. Am Wochenende gab es dazu einen Parteitagsbeschluss der Liberalen. Fraktionschef Rainer Brüderle betonte, es müsse Schluss sein mit Kungelrunden, in denen Manager und Arbeitnehmervertreter Gehälter und Boni aushandelten. Brüderle kritisierte die Gewerkschaften, die im Aufsichtsrat Millionensummen absegneten, öffentlich dies dann aber anprangerten. „Mitbestimmung heißt auch Mithaftung für Fehlentscheidungen.“