Zeitreise in die SPD-Fraktion: Altkanzler Gerhard Schröder

Altkanzler Gerhard Schröder besuchte am Dienstag die Seinen. Den Korrekturen an den Reformen gab er seinen Segen.

Berlin. Am Dienstag war der Bundestag wie eine Zeitmaschine. Im SPD-Fraktionssaal ließ sich „Bundeskanzler“ Gerhard Schröder beklatschen. Er war zum ersten Mal seit seiner Abwahl vor über sieben Jahren bei den Seinen. Anschließend gab er eine völlig überfüllte Pressekonferenz, die er mit „Na, auch alle älter geworden?“ eröffnete. Berlin zog Bilanz der „Agenda 2010“, die Schröder am Donnerstag vor zehn Jahren, am 14. März 2003, im Bundestag verkündet hatte.

Enthusiasmus brach nicht gerade aus, als der Altkanzler den SPD-Fraktionssaal betrat. „Dort, wo damals so mancher Kampf ausgefochten wurde“, so Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Das war arg verniedlichend, denn tatsächlich ging das vor zehn Jahren oft bis zum gegenseitigen Anbrüllen. Erst als die Abgeordneten den Pulk von Kameras hinter Schröder gewahr wurden, erhoben sich einige zum matten Beifall. Später wurde es freundlicher, weil Schröder den Großteil seiner Ansprache dem damaligen Nein zum Irak-Krieg widmete.

Zur umstrittenen Reformpolitik kam er erst in der zwei Hälfte seines Auftritts. Da wurde es kritischer. Nach wie vor ziehen viele Abgeordnete allenfalls eine „durchwachsene“ Agenda-Bilanz, wie die SPD-Linke Elke Ferner es nannte. Steinmeier wies darauf hin, dass die Reformen dafür gesorgt hätten, dass Deutschland heute wirtschaftlich so gut da stehe.

In der historischen Rückschau wird das damalige Ereignis häufig ungenau dargestellt. So hatte Schröder am 14. März bei seiner Rede keinesfalls ein ausgefeiltes Reformprogramm parat. Es ging um Grundsätze und Leitideen, deren gemeinsames Hauptziel es war, das Land zu verändern, um es „wieder an die Spitze der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Europa“ zu bringen. Die Situation Deutschlands ähnelte 2003 der Spaniens oder Griechenlands heute. Das Land war der „kranke Mann Europas“ und musste etwas tun. Diejenigen, die von seinem Kurs betroffen waren, gingen bald auf die Straße, vor allem im Osten. Und es bildete sich als Konkurrenz zur SPD eine neue Linkspartei. Die Agenda-Politik kostete Schröder 2005 schließlich das Amt und die SPD für lange Zeit die Mehrheit.

Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und SPD-Chef Sigmar Gabriel waren wegen anderer Termine nicht in Berlin, dürften aber die für sie wichtigste Botschaft registriert haben. Der Altkanzler gab ihrem links gestrickten Wahlprogramm mit Korrekturen an der Agenda seinen Segen. Solange die Prinzipien eingehalten würden, sei alles in Ordnung. „Die Agenda sind nicht die zehn Gebote, und ich bin nicht Moses.“