Merkel landet einen Coup, und "die Neue" legt die Messlatte hoch

Annegret Kramp-Karrenbauer soll neue CDU-Generalsekretärin werden — zur Überraschung aller.

Zwei, die sich verstehen: (v.l.) Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel.

Foto: Maurizio Gambarini

Berlin. Endlich schmunzelt auch Annegret Kramp-Karrenbauer mal. Zuvor hat sie sehr ernst und sehr lang erklärt, warum sie den Job der Ministerpräsidentin aufgibt und neue CDU-Generalsekretärin werden will — weil sie beweisen möchte, dass bei Wahlen für die CDU 40 Prozent noch drin sind. Nun wird die neben ihr stehende Kanzlerin also gefragt, ob sie mit der Berufung der Saarländerin auch ein Zeichen in Sachen eigener Nachfolge setzen wolle. Merkel redet so viel darum herum, dass klar wird: Ja, das will sie.

Natürlich sagt das bei der Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus keine der beiden Damen direkt. „Ich habe mich noch nie für Prinzessinnenrollen geeignet - auch in der Fastnacht nicht“, scherzt Kramp-Karrenbauer. „Insofern mache ich mir das Etikett nicht zu Eigen.“ Das wäre politisch wie taktisch jetzt auch unklug, wenn man die neue Aufgabe noch nicht einmal angetreten hat. Gewählt werden soll sie beim Parteitag kommenden Montag. Aber jeder in der Zentrale weiß, welches Signal Angela Merkel mit ihrem Überraschungscoup aussenden will - die Rufe nach Erneuerung hat sie zwar gehört. Doch wie diese Erneuerung aussehen soll, bestimmt sie immer noch selbst. Auch personell. „AKK“, wie sie überall genannt wird, gehört nun klarer denn je an vorderster Stelle dazu.

Merkel wirkt aufgeräumt und entspannt wie lange nicht mehr. Und ihre Kritiker ziehen angesichts des personellen Schachzugs der Kanzlerin ziemlich kleinlaut von dannen. Jens Spahn zum Beispiel spricht lediglich „von einem guten Signal“. Er selbst war als Generalsekretär im Gespräch, er hofft immer noch auf einen Ministerposten. Auf Spahn angesprochen, sagt Merkel lapidar, was geschrieben werde, sei das eine, „was ich denke, ist das andere. Deswegen habe ich mich für Annegret Kramp-Karrenbauer entschieden“.

Das kann man als Watsche für den forschen Spahn verstehen. Rasch weg vom Ort des Geschehens muss auch der junge Mittelständler Carsten Linnemann, der die Ressortverteilung der GroKo neulich als „Ende der Volkspartei“ CDU bezeichnet hat. „Ich schätze sie sehr“, lobt er Kramp-Karrenbauer, „weil sie auch in der Breite aufgestellt ist“. Aber bitte jetzt keine Nachfragen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, ein alter Hase, bleibt hingegen genüsslich bei den Journalisten stehen. Er weiß nur zu gut, dass Merkel es mal wieder allen gezeigt hat.

Dass Kramp-Karrenbauer in die Bundespolitik wechselt, ist keine Überraschung. Dass sie den Job der Generalsekretärin übernimmt, allerdings doch. Zuletzt hatte man eher erwartet, dass die 55-Jährige Bundesministerin wird. Doch im Kabinett sitzt mit Peter Altmaier bereits ein Saarländer, was die Sache kompliziert gemacht hätte.

Die Kanzlerin betont, Kramp-Karrenbauer selber habe vorgeschlagen, den Job im Konrad-Adenauer-Haus zu übernehmen. Er war erst am Sonntag offiziell durch den Verzicht von Peter Tauber frei geworden — geredet hatten Merkel und Kramp-Karrenbauer darüber schon länger. „Und mich hat die Idee sehr berührt“, schiebt Merkel nach. Denn es sei alles andere als selbstverständlich, dass jemand ein Staatsamt wie das der Ministerpräsidentin für ein Parteiamt aufgebe.

Das stimmt. Beide kennen sich gut, sie mögen und schätzen sich, auch wenn Kramp-Karrenbauer als die deutlich konservativere gilt. Das wiederum kann der Kanzlerin nur nutzen. Die Saarländerin wurde auch schon als „Mini-Merkel“ oder „Merkel-Kopie“ bezeichnet. Stabile Verhältnisse brauchten „starke Volksparteien“, erklärt sie nun. Dafür wolle sie jetzt mit aller Kraft arbeiten. Im Saarland gewann sie letztes Jahr entgegen aller Vorhersagen die Landtagswahl mit über 40 Prozent. Damit läutete sie das Ende des Hypes um SPD-Mann Martin Schulz ein und bescherte Merkel sozusagen die vierte Kanzlerschaft. Seitdem sind beide noch enger.

In der CDU ist Kramp-Karrenbauer überaus beliebt, man hörte bisher nur Gutes über sie, auch gestern nach den Gremiensitzungen wieder. Sie sei loyal, kompetent „und hat ihren eigenen Kopf“. Als Generalsekretärin wolle sie nun eine umfassende Programmdebatte anstoßen, macht Kramp-Karrenbauer deutlich. Über Werte, über das Konservative, über den Verbleib der CDU in der Mitte. Dann muss sie freilich auch anecken — und sich wohl oder übel unbeliebt machen.