Merkel lehnt Boykott-Aufrufe gegen Israel ab
Jerusalem (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Boykott- Aufrufen gegen Israel wegen des Siedlungsbaus in den Palästinensergebieten eine Absage erteilt. „Das ist für Deutschland keine Option“, sagte Merkel beim deutsch-israelischen Regierungstreffen am Dienstag in Jerusalem.
„Wir glauben, dass Boykotte nicht die Antwort sein können, um den Friedensprozess voranzubringen.“ Dies gehe nur auf dem Verhandlungsweg.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte, ein Warenboykott etwa würde die Friedenschancen mindern und auch 30 000 in israelischen Siedlungen beschäftigte Palästinenser treffen.
Einen Boykott Israels als Reaktion auf die Besatzungs- und Siedlungspolitik fordert vor allem die palästinensische Bewegung für Boykott, Deinvestitionen und Sanktionen (BDS), die weltweit Unterstützer, aber auch Kritiker gefunden hat. In Israel wird befürchtet, dass sich Staaten, aber auch Verbraucher, Unternehmen sowie Forschungs- und Bildungsinstitutionen dem anschließen könnten.
US-Außenminister John Kerry hatte Anfang des Monats bei der Münchner Sicherheitskonferenz vor einem Misserfolg der Nahost-Verhandlungen gewarnt und Israel in diesem Zusammenhang auf die Gefahr von Boykotten hingewiesen. Auch der EU-Botschafter in Tel Aviv, Lars Faaborg-Andersen warnte kürzlich: „ Die Seite, die für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich sein wird, muss mit Konsequenzen rechnen.“
Merkel und Netanjahu demonstrierten öffentlich Harmonie, obwohl sie in zentralen Fragen unterschiedlicher Meinung waren. „Wir haben gelernt, auch über strittige Themen intensiv zu sprechen“, sagte die Kanzlerin zum Abschluss der fünften Regierungskonsultationen.
Israels Präsident Schimon Peres ehrte Merkel mit dem höchsten Orden des Landes für ihre Verdienste um die israelisch-deutsche Freundschaft. „Wir sind ihnen zutiefst dankbar für ihre wertbetonte Haltung, dafür wie sie der jungen Generation die Vision einer besseren Welt vermitteln, Antisemitismus und der Leugnung des Holocaustes entgegentreten, zur Sicherheit Israels beitragen und sich für einen Nahost-Frieden einsetzen“, sagte Peres bei einer feierlichen Zeremonie in seiner Residenz.
Merkel erwiderte, die Auszeichnung sei Verpflichtung und Ansporn, gemeinsam gegen Antisemitismus und für die Menschenrechte zu kämpfen. „Den Orden sehe ich als Siegel des Vertrauens und der tiefen Freundschaft, die sich zwischen unseren beiden Ländern entwickelt hat.“ Dass sie ihn bekommen habe, sei angesichts des unermesslichen Leids, das Deutsche mit der Shoa über die Juden gebracht hätten, ein Wunder.
Zur Beendigung des Nahost-Konflikts müsse die Zwei-Staaten-Lösung angestrebt werden, sagte Merkel. Gegenseitige Anerkennung eines palästinensischen und des israelischen Staates und Kompromisse beider Seiten seien dafür selbstverständlich eine Voraussetzung. Netanjahu betonte: „Ich bin bereit zu einer historischen Einigung mit den Palästinensern, die den Konflikt ein für alle Mal beendet“.
Mit Blick auf israelischen Siedlungsbau in den Palästinensergebieten machte die Kanzlerin erneut deutsche Sorgen deutlich. „Ich hoffe, dass man die Probleme überwinden kann und dass dies einem Abkommen nicht im Wege steht.“
Netanjahu rief zu harten Verhandlungen mit dem Iran über dessen Atomprogramm auf. Teheran habe seine Politik auch unter dem neuen Präsidenten Hassan Ruhani nicht geändert, mahnte er. Merkel forderte von der iranischen Führung Nachweise für die friedlichen Absichten des Atomprogramms. „Unter der neuen Führung ist der Ton zwar teilweise ein anderer geworden. Taten fehlen aber immer noch“, sagte sie.
Merkels Ankündigung einer raschen Lösung für Rentenzahlungen an ehemalige Ghettoarbeiter würdigte Netanjahu als Schritt von „großer historischer und emotionaler Bedeutung“. Er sei wichtig für Tausende Menschen, die versuchten „von diesem Horror ins Leben zurückzugehen“.
Zu den fünften deutsch-israelischen Regierungskonsultationen kam Merkel mit fast ihrem gesamten Kabinett nach Jerusalem. Beide Länder wollen die gegenseitige Kontakte vertiefen. Dabei geht es um Projekte in Forschung, Bildung und Entwicklung und etwa eine gegenseitige Anerkennung von Führerscheinen.