Parteitag Die Linke: Ein Dämpfer für Gregor Gysi
Linke Basis fordert Doppelspitze für die Bundestagsfraktion.
Berlin. Sahra Wagenknecht schien selbst überrascht zu sein. Der Parteitag der Linken im Berliner Velodrom plätscherte schon seit Stunden dahin, als der Antrag „P6“ zur Abstimmung kam — und zur Verblüffung vieler eine knappe Mehrheit erhielt. Darin wird die Bundestagsfraktion „aufgefordert, bis zum Ende des Jahres eine quotierte Doppelspitze zu wählen“.
Bislang ist Gregor Gysi alleiniger Vorturner der Linken im Parlament. Doch es ist kein Geheimnis, dass Wagenknecht um den Co-Vorsitz kämpft, was Gysi bislang immer zu verhindern wusste. Das sei schon ein „ernst zu nehmender Beschluss“, freute sich die Frontfrau des radikalen Parteiflügels. Nun müsse man über die Umsetzung reden.
Am Morgen nach der Abstimmung stellte Bernd Riexinger klar: Der Fraktionsvorstand sei bis zum Herbst 2015 gewählt. Und „dabei bleibt es“. Das war eigentlich ein glatter Affront gegen die Delegierten. Doch dahinter stand auch der Wille, den mühsam zusammen gezimmerten Frieden zwischen linken und rechten Linken nicht aufs Neue zu gefährden.
Dank Riexingers „Vorarbeit“ fand das Reizthema in Gysis Parteitagrede keinerlei Erwähnung. Stattdessen widmete er sich eine gute halbe Stunde lang fast gänzlich der Ukraine-Krise. „Ich will meinen Beitrag zur Deeskalation leisten“, sagte Gysi. Deshalb reise er gleich im Anschluss zu Gesprächen nach Moskau. Mit wem er sich dort an einen Tisch setzt, wollte Gysi nicht verraten.
Die Parteitags-Debatte war reich an scharfer Polemik und einseitigen Schuldzuweisungen in Richtung Bundesregierung und Nato. Beide trügen die „Hauptverantwortung an der Eskalation des Konflikts“, meinte eine Delegierte. Von einem westlichen „Kriegführungsbündnis“ war die Rede und davon, dass die Bundesregierung eine „Kumpanei mit Faschisten“ pflege.
In einem ohne Gegenstimmen verabschiedeten Antrag heißt es: Anders als von der Bundesregierung dargestellt, sei „nicht in erster Linie“ Russland für die Zuspitzung der Situation verantwortlich. Zugleich wird auch die Annektierung der Krim durch Russland als „völkerrechtswidrig“ kritisiert.