Schweigepflicht Riesenzoff um Unionspläne zur Terrorabwehr
Die Linke spricht von "Anschlag auf die Demokratie". Innenminister De Maizière stellt Plan am Donnerstag vor.
Berlin. Die CDU geht mit Vorschlägen zur Stärkung der inneren Sicherheit und zur Terrorabwehr massiv in die Offensive. Am heutigen Donnerstag will Innenminister Thomas de Maizière ein Elf-Punkte-Papier vorlegen, mit dem die Konsequenzen aus den Anschlägen von Ansbach und Würzburg gezogen werden sollen. Die CDU-Innenminister von Bund und Ländern arbeiten darüber hinaus an viel weitergehenden Forderungen, die sie nächste Woche vorlegen wollen. Die Opposition reagierte mit teils heftiger Kritik.
De Maizières Katalog, der bisher nur in Auszügen bekannt wurde, orientiert sich an den neun Punkten, die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer Sommerpressekonferenz vor drei Wochen vorgestellt hatte. So will der Innenminister Merkels Forderung nach einem "Frühwarnsystem" für radikalisierte Einzeltäter mit einer Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht erfüllen. Ärzte, auch Psychologen, sollen die Behörden über mögliche Straftaten ihrer Patienten informieren dürfen. Der Ansbacher Attentäter hatte sich in psychiatrischer Behandlung befunden. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, protestierte scharf. Das Patientengeheimnis sei ein Grundrecht, argumentierte er.
Zudem will de Maizière die Abschiebung kriminell gewordener Flüchtlinge erleichtern - bisher gilt eine mindestens einjährige Haftstrafe als Untergrenze, jetzt soll auch die Begehung mehrerer kleinerer Straftaten zum Entzug der Aufenthaltsduldung führen können. Auch das hatte Merkel in allgemeiner Form gefordert, als sie davon sprach, die Hürden für Abschiebungen müssten gesenkt werden. Erwartet wird, dass de Maizière außerdem Vorschläge für die personelle Aufstockung der Bundespolizei und den Ausbau der Netzüberwachung macht.
Über diese Ideen weit hinaus geht ein Papier der CDU-Innenminister von Bund und Ländern, das unter dem Namen "Berliner Erklärung" nächste Woche veröffentlicht werden soll. De Maizère ist daran ebenfalls beteiligt. Laut Agenturberichten wird unter anderem ein erheblicher Ausbau der Videoüberwachung gefordert; die Präsenz der Bundespolizei in Zügen, Bahnhöfen und Flughäfen soll verstärkt werden. Bund und Länder sollen bis 2020 rund 15.000 Polizisten zusätzlich einstellen. Die Verfassungsschutzämter sollen die Vorratsdatenspeicherung nutzen können.
Mehrere vorgeschlagene Maßnahmen zielen auf den religiösen Extremismus. Nichtdeutsche Hassprediger sollten sofort ausgewiesen werden. Außerdem wird die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft gefordert. Hintergrund ist die Sorge, dass es angesichts der Entwicklung in der Türkei zu verstärkten Loyalitätskonflikten in Deutschland kommen könne. Zudem enthält der Entwurf die Forderung nach einem Verbot der so genannten Ganzkörperverschleierung (Burka-Verbot). Allerdings wird über den Entwurf intern noch diskutiert. So hatte sich de Maizière bisher stets gegen ein Burka-Verbot und die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft ausgesprochen.
Die Vorstöße stießen sofort nach Bekanntwerden auf massive Kritik. FDP-Vize Wolfang Kubicki sagte: "Alles, was uns von der Türkei unter Erdogan und Russland unter Putin unterscheidet, will die CDU jetzt unterpflügen". Jan Korte, Innenexperte der Linken, sprach unter Anspielung auf den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner in den USA von einer "Trumpisierung der Sicherheitspolitik", und Links-Parteichef Bernd Riexinger sogar von einem "Anschlag auf die Demokratie".
Zurückhaltender reagierte die SPD. Ihr innenpolitische Sprecher, Burkhard Lischka, sagte auf Anfrage, bei allen Vorschlägen müsse man aufpassen, dass sie nicht zusätzliche Sicherheitsprobleme schüfen. So sei es kontraproduktiv, wenn man zurückkehrenden Dschihadisten ihren deutschen Pass entziehe und sie so ins Kriegsgebiet oder die Illegalität zurückschicke. Auch habe die SPD bisher zusätzliche Stellen für die Bundespolizei gegen die CDU im Bundestag nur mühsam durchsetzen können.