Verfassungsschutz ist besorgt über wachsende Salafistenszene

Berlin (dpa) - Der Verfassungsschutz beobachtet mit Sorge ein rasantes Anwachsen der radikalislamischen Salafistenszene in Deutschland. Inzwischen zähle diese weit über 6300 Menschen, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, dem rbb-Inforadio.

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Bis zum Jahresende könnten es bereits 7000 sein. Vor wenigen Jahren haben man noch rund 2800 Salafisten gezählt. „Das ist ein sehr schnelles Ansteigen, das ist auch besorgniserregend“, sagte Maaßen.

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Aus der Salafistenszene seien inzwischen nachweislich mindestens 450 vorwiegend junge Menschen in den „Heiligen Krieg“ nach Syrien und in den Irak gezogen. „Das sind Personen, die wir namhaft machen können. Unser Problem besteht darin, dass es immer wieder Personen gibt, die in Syrien und im Irak auftauchen, die wir vorher gar nicht kannten“, berichtete Maaßen. „Also die Dunkelziffer ist sehr groß.“

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Vor allem junge Leute im Alter zwischen 18 und 30 Jahren fühlten sich vom Salafismus angezogen. Dieser sei für Menschen in einer Umbruchsituation attraktiv, weil er eine klare Vorgabe mache, wie man zu leben habe. „Salafisten sagen, was schwarz und was weiß ist. Und Salafisten sagen, dass, wenn man salafistisch denkt und lebt, ist man Avantgarde, ist man im Grunde genommen Vorreiter.“ Junge Menschen, die gescheitert und orientierungslos seien, fielen auf so etwas herein und hätten den Eindruck, „vom Underdog zum Topdog“ zu werden, sagte Maaßen.

„Der überwiegende Teil dieser Personen kann mit vier M's beschrieben werden: männlich, muslimischer Hintergrund, Migrationshintergrund und Misserfolge in der Pubertät, in der Schule oder in der sozialen Gruppe.“ Alarmierend sei, dass es in der Szene bereits als „Jugendkultur“ angesehen werde, nach Syrien oder in den Irak in den Dschihad zu ziehen. „Dass es cool ist, dorthin zu gehen; dass es cool ist, morgens einen Twitter zu empfangen aus Aleppo; dass es cool ist, Freunde zu haben bei Facebook, die dort tätig sind.“

Der Verfassungsschutz gehe davon aus, dass sieben bis zehn Islamisten aus Deutschland in Syrien und im Irak Selbstmordanschläge verübt haben. Rund 150 Islamisten seien inzwischen aus den Kampfgebieten wieder nach Deutschland zurückgekehrt. „Von vielen Personen wissen wir nicht, was sie da gemacht haben. Wir gehen davon aus, dass mindestens 25 Personen in Kampfhandlungen verwickelt waren.“ Diese würden „sehr sorgfältig gecheckt“.

Die Radikalisierung beginne nicht im Internet, sagte Maaßen. „Nach unserer Erfahrung, wir haben eine ganze Reihe von Fällen analysiert, ist der Ursprung der Radikalisierung im familiären oder im freundschaftlichen Umfeld zu suchen.“ Die jungen Menschen würden zum Beispiel bei Koran- und Flugblatt-Verteilaktionen oder bei Predigtveranstaltungen „angefixt“ und in die Szene eingeführt. Die weitere Radikalisierung erfolge dann oft über Twitter und Facebook.

Bei den bundesweiten Durchsuchungen und Festnahmen von vier Männern am 18. Oktober hat die Bundesanwaltschaft nach einem „Focus“-Bericht ein hochprofessionell operierendes Hilfsnetzwerk der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) enttarnt. Der mutmaßliche Kopf der Gruppe habe in abgehörten Telefongesprächen unter anderem gesagt, man habe Zweigstellen in Deutschland, die dem Islamischen Staat untergeordnet seien. „Wir kümmern uns um viele - tausende Familien.“

In Köln bereitet sich die Polizei auf eine Demonstration von rund 1500 gewaltbereiten Hooligans gegen Salafisten an diesem Sonntag vor. Auch eine Gegendemonstration wurde angemeldet. Ein Großaufgebot von Beamten soll verhindern, dass beide Gruppierungen aufeinanderstoßen. Angemeldet hat die Demonstration ein Funktionär der vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Pro NRW. Bei ihren Kundgebungen war es in der Vergangenheit wiederholt zu schweren Ausschreitungen von Salafisten gekommen.