Wie sich die Jamaika-Parteien bei den Verhandlungen geschlagen haben — eine Benotung
Berlin. Aus und vorbei. „Jamaika“ ist Geschichte. Wie haben sich die Parteien und ihre wichtigsten Protagonisten in den vierwöchigen Sondierungen geschlagen? Eine Benotung.
CDU. Die Vorsitzende Angela Merkel ist ihrem Prinzip treu geblieben: Sie hat die Verhandlungen geleitet, moderiert und versucht, Kompromisse zu forcieren. Das war jedoch offenkundig zu wenig. Fatal für die Kanzlerin: Sie ist gehemmt gewesen durch das mit der CSU vereinbarte „Regelwerk“ zur Zuwanderung samt Obergrenze für Flüchtlinge und ausgesetztem Familiennachzug. Ein Papier, das Merkel nicht gewollt hat. Das hat auch dazu geführt, dass nicht wirklich klar geworden ist, wofür die CDU eigentlich in den Sondierungen eintrat. An einem hat es wohl nicht gelegen, dass Jamaika nun gescheitert ist: An Kanzleramtsminister Peter Altmaier. Bei ihm liefen die inhaltlichen Fäden zusammen. Er hat sortiert und koordiniert. Note 3.
CSU. Die Problem-Sondierer. Wer tatsächlich bei der CSU den Hut aufgehabt ist, ist in den vier Wochen nicht deutlich geworden. Der Machtkampf innerhalb der Partei um die Nachfolge des Vorsitzenden hat auch die Sondierungen überschattet. Parteichef Horst Seehofer war deutlich kompromissbereiter als seine beiden wichtigsten Mitstreiter, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Generalsekretär Andreas Scheuer. Das hat den Eindruck verstärkt, dass Seehofer in den Verhandlungen nur geschäftsführend agieren durfte - den Ton hat vor allem Dobrindt vorgegeben und somit zur Destabilisierung Seehofers beigetragen. Dobrindts heftige Attacken gegen die Grünen haben die Sondierungen unnötig belastet. Note 5.
Grüne. Wer hätte das gedacht - die Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung hat die Grünen deutlich kompromissbereiter werden lassen als alle anderen. Sie haben als erste den Sondierungen einen notwendigen, neuen Schub gegeben, als sie eigene Angebote bei den Themen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor und der Kohlepolitik auf den Tisch legten. Staatstragend war die Performance der Spitzenkandidaten Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt. Unaufgeregt, sachorientiert. Auch das Spiel über Bande vor allem mit dem Linken Jürgen Trittin hat gut funktioniert. Anfangs war Trittin provokant, hinterher meist konziliant. Sein letztes Interview am Sonntag sorgte freilich für Wirbel. Ob gewollt oder nicht. Note 2.
FDP. Erst zeigten sich die Liberalen offen und verzichteten sogar auf eine umfassende Steuerreform. Dann wurde die FDP bärbeißiger und versuchte zum Schluss sogar, die CSU beim Thema Flüchtlinge rechts zu überholen. Nicht gerade das klassische FDP-Thema. Akribisch war die Pressearbeit der Liberalen und ihrer wichtigsten Protagonisten im Hintergrund. Immer ging es darum, die FDP möglichst im guten Licht erscheinen zu lassen. Vize Wolfgang Kubicki sorgte für die unterhaltsamen Randgeschichten. Der Vorsitzende Christian Lindner nahm sich und seine Partei zum Schluss aber eindeutig zu wichtig. Weil die Liberalen das Scheitern der Verhandlungen erklärten, und dies womöglich auch schon länger geplant hatten, haben sie jetzt auch noch den Schwarzen Peter. Note 6.