Willfried Penner: „Ich selbst sage Ja zur Groko, weil ich das für ein Vertrauensvotum halte"

Willfried Penner, ehemaliger Staatssekretär und Wehrbeauftragter des Bundestages, rät seinen Genossen dringend, dem Koalitionsvertrag zuzustimmen.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Willfried Penner hat alle Höhen und Tiefen des Politikerlebens erfahren. Der heute 81 Jahre alte Sozialdemokrat war Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, saß für seine Fraktion im Innenausschuss des Bundestages, gehörte dem Fraktionsvorstand an, war Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages. Und er kennt die Sehnsucht nach Opposition.

Bei dem Juristen wuchs sie 1982, als die Zeit von Helmut Schmidt als Bundeskanzler sich ihrem Ende zuneigte. „Aber spätestens nach einem halben Jahr kam der Kater“, sagt Penner, „weil sich die Bedingungen verschlechtert haben.“ Seither hält der Wuppertaler es mit seinem Genossen Franz Müntefering: Opposition ist Mist. Aber er sagt es anders. „Die SPD ist eine Veränderungspartei. Deshalb muss sie Regierungsverantwortung übernehmen.“

Für den Mann, der 28 Jahre für die Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag saß, ist deshalb klar: Die 460.000 Parteigenossen müssen dem Koalitionsvertrag mit der Union zustimmen. „Ich selbst sage Ja, weil das sachlich unterfüttert ist und weil ich das für ein Vertrauensvotum zugunsten derer halte, die jetzt an der Spitze unserer Partei stehen.“

Das Ergebnis der Verhandlungen mit CDU und CSU hält Penner für äußerst gut, zumal mit den Ministerien für Finanzen, Außenpolitik sowie Arbeit und Soziales sehr wichtige Ressorts an die Sozialdemokraten gefallen seien.

„Wäre die SPD stärkste Partei gewesen und hätte sich Koalitionspartner suchen müssen, hätte das Ergebnis nicht besser sein können, eher schlechter.“ Die CDU habe nach dem Abbruch der Jamaika-Verhandlungen unter Druck gestanden.

Bei der Suche nach Ursachen für das Einbrechen der SPD in der Wählergunst gehört Willfried Penner nicht zu jenen, die auf die Agenda 2010 verweisen. Danach sei seine Partei unter Gerhard Schröder schließlich beinahe noch stärkste Kraft im Bundestag geworden. Penner begründet den Niedergang der Sozialdemokratie vielmehr damit, dass seine Partei in der Koalition mit der Union dauernd versucht habe, „gleichzeitig drinnen und draußen zu sein. Man kann aber nicht Regierungsverantwortung tragen und sich gelegentlich gerieren, als sei man nicht dabei gewesen“.

Umso härter trifft es den altgedienten Genossen, dass eine Partei wie die AfD in den Umfragen nur noch einen Prozentpunkt hinter der ältesten Partei Deutschlands liegt. Auch daran sieht er seine Genossen nicht unbeteiligt.

„Im Wesentlichen ist das Erstarken der AfD aber darauf zurückzuführen, dass die CDU ihre Maxime aufgegeben hat, dass es rechts von ihr keine politische Kraft geben darf. Sie kämpft statt dessen mit der SPD um die linke Mitte.“ Die Stärke der Rechtspopulisten basiere außerdem auf einem Frustpotenzial, zu dem auch die SPD beigetragen habe.

Wie das Mitgliedervotum ausgehen wird, wagt Willfried Penner nicht prophezeien. Aber seine große politische Erfahrung sagt ihm, dass es im Falle eines Scheiterns der Groko zunächst eine Minderheitsregierung und in absehbarer Zeit eine Neuwahl geben würde. „Dass meine SPD dann größere Chancen hätte, bezweifle ich.“