Kubicki: „Wir lassen uns nicht mit Adventskeksen abspeisen“
Der Kieler FDP-Fraktionschef Kubicki fordert einen Ausgleich, damit seine Regierung Ja zu den Steuerentlastungen sagt.
Kiel. Das Szenario, das Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der schwarz-gelben Bundesregierung die Weihnachtspause verdüstern könnte, sieht so aus: Am 18. Dezember kippt das "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" im Bundesrat, weil ausgerechnet die CDU/FDP-Landesregierung in Schleswig-Holstein mit Nein stimmt.
Damit das umstrittene Vorzeigeprojekt wie geplant zum Jahreswechsel in Kraft treten kann, kommt es am Sonntag im Kanzleramt zu einem Krisengipfel besonderer Art. Merkel will Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) umstimmen, der bisher seine Zustimmung verweigert.
Der Kieler FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki wird dabei sein. Im Gespräch mit unserer Zeitung warnt er "vor Illusionen". Ohne ein finanzielles Entgegenkommen des Bundes "werden wir das Gesetz ablehnen."
Drei Stunden Krisengespräch am dritten Advent - das hört sich nicht sehr besinnlich an, oder?
Kubicki: Die Folgen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes muss man sich für Schleswig-Holstein ohne Übertreibung so vorstellen: Wir schwimmen in einem großen Teich und drohen zu ertrinken. Aber statt Rettungsringen wirft Berlin uns Bleiwesten rüber. Wir wären töricht und dumm, wenn wir das mitmachten.
Konkreter, bitte!
Kubicki: Es wird schmerzhaft genug für uns, die Sparvorgaben umzusetzen, die mit der Schuldenbremse im Grundgesetz einhergehen. Da werden wir doch nicht zulassen, dass uns der Bund weitere 70 Millionen Euro pro Jahr wegnimmt.
Warum maulen die anderen Bundesländer nicht?
Kubicki: Einige große, etwa NRW oder Baden-Württemberg, haben sich anderweitig schadlos gehalten. Ich sage nur: Zuschuss für die WestLB-Sanierung. Außerdem: Wir sind nicht allein. Sachsens CDU-Ministerpräsident Tillich liegt ganz auf unserer Linie, wenn er sagt: Ich lasse mich nicht vom Bund zur Aufnahme neuer Schulden zwingen.
Nun ist die Rede davon, dass die Kanzlerin sich die Zustimmung Schleswig-Holsteins "erkaufen" will. Sind Sie käuflich?
Kubicki: Der Begriff ist falsch gewählt. Wenn Ministerpräsident Carstensen und ich das Paket, wie es jetzt aussieht, kritiklos mittragen würden, handelten wir nicht in Verantwortung für Schleswig-Holstein. Eine solche Belastung ist für unser strukturschwaches Bundesland einfach nicht hinnehmbar. Es muss einen Ausgleich geben.
Wie könnte der aussehen?
Kubicki: Vieles ist denkbar. Ein zeitlich befristeter Anteil von den Mehrwertsteuer-Einnahmen des Bundes etwa. Oder ein größerer Zuschuss für die Verkehrsanbindung der Fehmarnbelt-Querung, die mit 900 Millionen Euro zu Buche schlägt und schließlich von bundespolitischer Bedeutung ist.
Werden Sie am Sonntagabend mit guten Botschaften nach Kiel zurückfahren?
Kubicki: Ich bin zuversichtlich. Alle Beteiligten sind am Gelingen interessiert. Nicht am Scheitern. Aber klar ist auch: Mit Adventskeksen und frommen Worten werden wir uns nicht abspeisen lassen. Dann wird das Gesetz im Bundesrat scheitern.