Angst vor der CO2-Pipeline von RWE
Planung: Der Energieriese will bei Köln ein „sauberes“ Kohlekraftwerk bauen. Chance für das Klima, Gefahr für die Menschen?
Köln. In Hürth bei Köln will RWE das erste großtechnische Kohlekraftwerk mit eingebauter CO2-Abtrennung bauen. Für den Klimaschutz beginnt eine neue Ära, denn die unterirdische Speicherung von CO2 könnte die größten Klimakiller der Welt, Kohlekraftwerke, "entschärfen".
Eon und Vattenfall planen ähnliche Projekte, Tests sind schon in vollem Gange. Den Menschen in der Region jedoch droht ein neuer Pipeline-Bau, diesmal für das am Kraftwerk abgetrennte Kohlendioxid (CO2).
Anders als Kohlenmonoxid (CO) ist CO2 nicht giftig. Es führt aber ab einer bestimmten Konzentration in der Luft (8 bis 10 Prozent) zum Erstickungstod. Da CO2 schwerer ist als Luft, kann es insbesondere in Mulden oder Tälern gefährlich werden.
Braunkohlekraftwerke können nur in der Umgebung vom Tagebau wirtschaftlich arbeiten. Für die sichere unterirdische Speicherung benötigt man jedoch bestimmtes Tiefengestein und Deckschichten, die es so nur in Norddeutschland gibt. RWE will das CO2 verflüssigen und unter Druck durch eine rund 500 Kilometer lange Pipeline nach Schleswig-Holstein pumpen. Auf andere Art könnte man so große Mengen gar nicht transportieren.
CO2 wird schon an einigen Gasförderstätten weltweit unterirdisch gespeichert. Die Endlagerung in leer gepumpten Gas- und Ölfeldern funktioniert problemlos. Wissenschaftler halten poröse, mit Salzwasser gefüllte Sandsteinschichten in mehr als 2000Metern Tiefe für sicher. Sie würden das verflüssigte CO2 wie ein Schwamm aufsaugen. Genauere Untersuchungen zur Sicherheit dieser Lagerschichten laufen zurzeit.
Sie eröffnet eine Möglichkeit, trotz des Klimawandels nicht ganz auf Kohlekraftwerke verzichten zu müssen. In den Boomländern China und Indien wird zum Großteil auf Kohle gesetzt. Es wäre eine Illusion zu glauben, die dortigen Kraftwerke durch erneuerbare Energien ersetzen zu können. Dort wäre CO2-Speicherung ein Fortschritt, aber kein Allheilmittel.
Im wesentlichen zwei: Erstens sind die unterirdischen Speichermöglichkeiten begrenzt - grobe Schätzungen gehen bei einem weltweiten Einsatz der Technik von 50 bis 100 Jahren aus. Zweitens frisst die CO2-Abscheidung noch riesige Mengen Energie. Beim heutigen Stand der Technik erhöht sich der Kohleverbrauch eines Kraftwerks bei gleicher Erzeugung um rund 30 Prozent.