Sparkassengesetz: „Die Haie warten schon“ – Sparkassen fürchten Verkauf
Verdi, Mitarbeiter und Opposition machen gegen ein von der schwarz-gelben Regierung geplantes Gesetz mobil.
Düsseldorf. Rot - das war gestern die dominierende Farbe in Düsseldorf. Etwa 7000 Sparkassen-Mitarbeiter mit roten T-Shirts, Mützen, Trillerpfeifen und Transparenten zogen durch die Landeshauptstadt. Die Gewerkschaft Verdi hatte zur Demonstration gegen die von der Landesregierung geplante Novellierung des Sparkassengesetzes aufgerufen. An der Seite der Demonstranten: die Opposition.
Die Sparkassenmitarbeiter zeigten sich besorgt. "Wir haben einfach Angst um unsere Arbeitsplätze", so Jürgen Nolte, Personalratsleiter bei der Herner Sparkasse. "Die Haie warten schon", hieß es auf einem der Plakate.
Verdi-Chef Frank Bsirske und SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft griffen die schwarz-gelbe Landesregierung frontal an: Sie warfen ihr vor, bewusst die Privatisierung der Sparkassen voranzutreiben. "Sie reden wie Heuchler und handeln als Provokateure", so Bsirske. Die Verlierer seien die Kunden, die Angestellten, die Kommunen und kleine Unternehmen. Bsirske kündigte an, die Gewerkschaft würden den Protest "in die Filialen und auf die Straße tragen".
Widerstand gegen das neue Gesetz kommt zudem von den Kommunen und den beiden Sparkassenverbänden. Sie bekräftigten ihre Kritik während einer Expertenanhörung des Landtags, die zeitgleich zu der Demonstration stattfand.
In Zukunft sollen die Träger über die Ausschüttung der Sparkassenüberschüsse entscheiden, müssen sich dabei aber am Gemeinwohl orientieren. Die Kritiker warnen davor, dass die Kommunen das Geld auch zur Tilgung von Schulden oder zum Bau von Straßen verwenden könnten. Bislang gingen die Überschüsse an gemeinnützige Vereine und Organisationen. Die Gegner befürchten ferner, dass durch die Ausweisung von sogenanntem Trägerkapital ein Einfallstor für den Verkauf von Sparkassen an private Banken geschaffen wird.
Die Sparkassen haben anders als Privatbanken einen gemeinwohlorientierten Unternehmenszweck. Die Kritiker sagen, dass sie daher ein wichtiger Partner insbesondere für kleine Betriebe und sozial schwache Bürger seien - beispielsweise bei der Kreditvergabe. Eine Privatisierung der 110Sparkassen ginge zu ihren Lasten. Die Gewerkschaften befürchten zudem Einschnitte im Filialnetz und den Wegfall von bis zu 20000 der insgesamt rund 63000 Arbeitsplätze.
Die Sparkassenverbände sind gemeinsam mit dem Land und den Landschaftsverbänden Eigentümer der WestLB. Die war wegen umfangreicher Fehlspekulationen und der internationalen Finanzmarktkrise ins Schlingern geraten. Teil des Sanierungsplans für die WestLB ist die Suche nach einem neuen Investor. Die Sparkassenverbände argumentieren, dass mit dem Gesetz Fakten geschaffen würden, die die derzeitige Suche nach diesem Investor behindern, und fordern daher, die strittigen Teile aus dem Gesetzentwurf auszuklammern. Dazu gehört neben der Einführung des Trägerkapitals auch die vorgesehene Zentralbankfunktion der WestLB für die Sparkassen.
Die EU muss den Sanierungsplan für die WestLB genehmigen, weil die Eigentümer der Bank milliardenschwere Garantien abgegeben hatten. Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hatte den Sanierungsplan jüngst scharf kritisiert.
Verdi-Chef Bsirske und SPD-Landeschefin Kraft werfen der Kommission vor, das öffentlich-rechtliche Sparkassenwesen abschaffen zu wollen. CDU und FDP spielten der EU mit ihrem Gesetz bewusst in die Hände, die die Sparkassen den Privatbanken auf dem "Silbertablett" präsentieren wollten.
Landesfinanzminister Helmut Linssen (CDU) weist die Kritik von Sparkassenverbänden, Gewerkschaft und Opposition zurück. Die Ausweisung von Trägerkapital sei kein Einfallstor für eine Privatisierung der Sparkassen. Die Ausschüttungen der Überschüsse seien weiter am Gemeinwohl orientiert. Auch habe die EU-Kommission keine Handhabe, gegen das öffentlich-rechtliche Sparkassensystem vorzugehen, weil dieses durch den EU-Vertrag abgesichert sei. Die Landesregierung stehe hinter dem dreigliedrigen System in Deutschland aus privaten Banken, Volksbanken und Sparkassen und wolle mit dem neuen Gesetz die Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen stärken.