Autozulieferer: Pleite durch Heuschrecken

Investorengruppen zogen Kapital aus übernommenen Firmen ab. Folge ist ein tödlicher Liquiditätsengpass.

Düsseldorf. Bei den nordrhein-westfälischen Automobilzulieferern, die insgesamt rund 200 000 Menschen beschäftigen, schlägt die Finanzkrise voll durch: TMD Friction in Leverkusen, Tedrive in Wülfrath und zuvor schon Henniges in Grefrath und EGM Automotives in Mönchengladbach mussten bereits den Gang zum Insolvenzrichter antreten.

Mindestens 15 weitere Zulieferer-Firmen verhandeln derzeit beim NRW-Wirtschaftsministerium über Landesbürgschaften, um Finanzengpässe überbrücken zu können. Die meisten von ihnen gehören Investorengruppen, die auch als Heuschrecken bekannt sind.

"Es ist ein klassisches Liquiditätsproblem, das den an sich gesunden Firmen zu schaffen macht", sagt Professor Stefan Bratzel, Autowirtschafts-Experte der FH Bergisch Gladbach. "Die Renditen sind durchaus okay, den Firmen fehlt aber einfach Cash."

Besonders häufig betroffen sind Firmen im Eigentum von Hedgefonds. Denn deren Geschäftsmodell besteht - vereinfacht - im Ausbluten ihrer Opfer: Für den Kauf nehmen die Investoren Kredite auf, die sie zurückzahlen, indem sie das vorhandene Eigenkapital ihrer Opfer abziehen und ihnen auch noch die Schulden aufbürden, mit denen sie den Kauf finanziert haben.

"Bei solchen Firmen ist dann praktisch kein Eigenkapital mehr vorhanden, sodass ihnen selbst bei kleineren Krisen sofort die Insolvenz droht", sagt Bratzel. Er schätzt, dass "mindestens zehn bis 20 Prozent" der Autozulieferer in dieser prekären Situation sind.

Doch auch die Banken sind nicht schuldlos an der Gesamtsituation. Bratzel: "Die spielen auf Zeit und sind nicht bereit, ins Risiko zu gehen - obwohl sie selbst vom Rettungsschirm des Bundes profitieren."

In die Klemme geratene Autozulieferer können eine Bürgschaft des Landes beantragen. Der Topf sei noch gut gefüllt, sagt ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Allerdings müssen die Bürgschaften früh beantragt werden: Zur unmittelbaren Abwendung einer Insolvenz darf das Land sie aus Rechtsgründen nicht mehr gewähren.