Landtag Besucherzentrum bietet 240-Grad-Blick auf die NRW-Politik
Das neue Besucherzentrum im Düsseldorfer Landtag führt die Gäste per Panaromaleinwand in die Welt der Politik. Da kann einem ganz schwindelig werden.
Düsseldorf. Einmal inmitten des Plenarsaals des Düsseldorfer Landtags stehen, wenn dort mit harten Bandagen gekämpft wird. Einmal Hannelore Kraft (SPD) gegenüberstehen, wenn sie ihre Politik verteidigt, oder Armin Laschet (CDU) in die Augen gucken, wenn er diese kritisiert. Einmal vom Rednerpult aus in die Gesichter der Volksvertreter blicken, als würde man selbst eine Rede halten. Was für die einen ein Wunsch ist, ist für andere ein Alptraum. Interessant ist es aber allemal — und ab jetzt auch möglich. Mittendrin — so sollen sich die Besucher des Landtags künftig fühlen, wenn sie das neue Besucherzentrum des Landesparlaments besichtigen, das am 27. Februar für Besucher eröffnet wird.
Möglich wird das durch eine 240-Grad-Panoramaleinwand, die den ehemaligen Vortragssaal im Erdgeschoss des Landtags einmal fast umschließt. Es wirkt ein bisschen wie im Planetarium ohne Sternenkuppel. Weit über das menschliche Blickfeld hinaus wird dort auf ganzer Breite ein Film gezeigt, der den Besuchern vermitteln soll, wie Politik funktioniert. Vor allem aber dass Politik funktioniert. Die Präsidentin des Landtags, Carina Gödecke, sagt bei der Vorstellung der Räumlichkeit, das Zentrum solle für mehr Transparenz sorgen und gegen die Politikverdrossenheit und Wahlmüdigkeit wirken. Große Ziele. Sie scherzte vielleicht, als sie sagte, was es auch zeigen solle: „Politiker arbeiten viel fleißiger als wir gedacht haben.“
Das Besucherzentrum hat an 40 Wochenenden im Jahr jeweils von 11 bis 17 Uhr geöffnet und richtet sich vor allem an Individualbesucher, die ohne Anmeldung den neu eingerichteten Raum besichtigen können. Ein halbes Jahr wurde daran gebaut. Kosten: 4,5 Millionen Euro. Der abschüssige Raum wurde ebenerdig und barrierefrei gemacht, fünf Kilometer Kabel verlegt und elf Full-HD-Laserbeamer installiert. Peter Neufeld vom Gebäudemanagement sagt, das sei der neueste Stand der Technik. „Die Beamer wurden erst vor einem Jahr auf einer Messe vorgestellt.“ Die Beamer hängen unter der Decke und bringen die Bilder von schräg oben auf die Leinwand. Neufeld erklärt, die Bilder kämen als Trapez auf die Leinwand und müssten von eigens installierter Technik umgerechnet werden, damit die Übergänge fließend auf der Leinwand erscheinen.
Technik, da kann einem ganz schwindelig werden. Im Wortsinn. Denn die bewegten Bilder auf dieser Größe können tatsächlich für Schwindelgefühle sorgen. Carina Gödecke sagt, es gebe aber Leute, „die finden das wunderbar, weil sie das mit einem Eventcharakter verbinden.“ Alle Besucher würden darauf hingewiesen, bevor der etwa zehnminütige Film zu jeder halben und vollen Stunde losgeht und mit einigen grafischen Effekten den Gesetzgebungsprozess erklärt.
Wer danach noch nicht hinreichend informiert ist, kann an acht Stelen interaktiv Fakten tanken. Die Stelen sind vor der Leinwand im Halbkreis aufgebaut. Wer die Knöpfe drückt, kriegt animierte Informationen auf die Leinwand geworfen — etwa zu „Wir in NRW - Land und Leute“, „Die Gesetzgebung“ oder „Die Ausschusswoche“. Letztere zeigt die Arbeitswoche eines Parlamentariers und stellt dar, wie voll der Terminkalender eines Bürgervertreters in der Regel ist. Vier von 28 Zeiteinheiten sind dabei für Familie und Freizeit reserviert. Das bestätigt Gödeckes Anspielung auf den Fleiß der Politiker und lässt den Besucher vermutlich gleichzeitig aufatmen, nicht selbst an dessen Stelle zu sein, sondern eben nur ganz nah dran. Wie nah ist dem Besucher vielleicht gar nicht klar, aber direkt über dem Besucherzentrum liegt der CDU-Fraktionssaal.
Politik ist ein schnelllebiges Geschäft, das weiß auch die Landtagspräsidentin. Deswegen soll der aktuelle Film mit Aufnahmen von 2015 auch mit der kommenden Landtagswahl aktualisiert werden. Je nach Wahlausgang können Besucher dann anderen Politikern in die Augen blicken, während sie debattieren. Die Darsteller wechseln. Der Film bleibt aber der gleiche.