CDU-Neujahrsempfang NRW-Ministerpräsident Laschet spricht sich gegen Volksentscheide aus
Düsseldorf · Armin Laschet warnt beim Neujahrsempfang der NRW-CDU vor Volksbefragungen und verspricht Sondergesetze des Bundes für schnelles Bauen im Rheinischen Revier. Außerdem äußert er sich zu Friedrich Merz und Rekordstaus in der Region.
Friedrich Merz fehlte. Er sei bei einer lange zugesagten Klausur der niedersächsischen CDU in Walsrode und lasse grüßen, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet als CDU-Landesvorsitzender auf dem Neujahrsempfang der NRW-CDU.
Man wisse ja, er möge Friedrich Merz, sagte Laschet, aber dann war es auch genug mit der Freundlichkeit gegenüber einem, der als Heilsbringer durch die Bundespartei gejagt und gefeiert wurde, und dann doch Bundesvorsitz-Wahl und auch ein bisschen den Kompass verloren hat. Laschet machte deutlich, dass er Merz als einzige Symbolfigur der Wirtschaftskompetenz in der Partei für überschätzt halte - und rückte stattdessen andere in den Mittelpunkt: „Wir haben einen Carsten Linnemann, auch einen Hendrik Wüst - eine breite Palette an gutem Personal.“ Es war die vermutlich letzte Abmoderation dieser CDU-Personalie des Jahres 2018, zeitgleich verkündete Merz in Walsrode, er werde dieses Jahr keine Wahlkampfauftritte für die CDU machen. Er habe kein politisches Mandat. Er wolle die Partei und Kramp-Karrenbauer aber gerne Rat geben. Es werden sich künftig also andere als Merz profilieren müssen.
Vielleicht einer wie Hendrik Wüst. Laschet war in seiner fast 90-minütigen Rede auffällig bemüht, die Qualitäten jenes NRW-Verkehrsministers herauszustellen, den gerade die jüngsten ADAC-Diagnosen über neue Rekordstaus in NRW geplagt haben dürften. Wüst habe für den Verkehrsausbau NRW 100 Millionen Euro mehr vom Bund bekommen als geplant, mit 2,87 Milliarden Etat führe das Verkehrsministerium einen Rekordetat, zudem „klage“ Handwerkskammerpräsident Andreas Ehlert über den „Wüst-Effekt“ und meine überlastete Handwerker. „Das ist ein gutes Zeichen“, rief Laschet und war sich des Applauses der CDU-Mitglieder im Robert-Schumann-Saal im Düsseldorfer Ehrenhof sicher.
Partei-Neujahrsempfänge sind nicht der Ort, an denen man mit Widerspruch rechnen muss. Am Samstagmorgen gab es eine ausufernde Begrüßungsarie des Generalsekretärs Josef Hovenjürgen, Musik des Pianisten Erik Breer genannt Nottebohm, Applaus und zufriedene Gesichter: Die CDU in NRW wähnt sich auf gutem Weg, hat allerhand Geld aus sprudelnden Quellen verteilt und trotzdem „einen Überschuss erzielt“, wie Laschet begeistert formulierte und Finanzminister Lutz Lienenkämper für den Dreiklang „investieren, modernisieren, konsolidieren“ lobte. So wurden jedem einzelnen Kabinettsmitglied warme Worte zuteil, Laschet ist sichtlich zufrieden mit sich und der Welt, sogar einen Zugang zum Vermittlungsausschuss sieht in der umstrittenen Frage des Digitalpakts gefunden, bei dem in wenigen Tagen um die Hoheit der Länder mit dem Bund gerungen werden wird: Parteifreund Hermann Gröhe sei Vorsitzender dieses Vermittlungsausschusses. Ihn werde er, sagte Laschet humorig, mit Aachener Printen bestechen, auf „dass du dein Amt neutral ausübst“.
Der große Bogen des Tages galt aber der Europäischen Union, den Wahlen im Mai und dem in 70 Tagen drohenden Brexit ohne verhandelte Verträge. Laschet leitete aus der „beunruhigenden Entwicklung“ eine Haltung gegen Volksbefragungen und für die „repräsentative Demokratie“ ab. Mit dem ehemaligen Premierminister David Cameron sei die unglückselige Entwicklung angefangen. „Populistisches Kalkulieren mit einer Situation“ sei gefährlich, deshalb dürfe man „nie vor Wahlen irgendetwas sagen, was man nicht meint, nur um Stimmen zu gewinnen“. Gegen Volksbefragungen sprächen die Verbreitung von „Lügen im Wahlkampf“, hinter die es später kein Zurück mehr gebe. Außerdem sei es in Parlamenten besser möglich, Entscheidungen zurückzudrehen, für die sich Bedingungen geändert hätten.
Und: Die Wahlbeteiligung jener, die die Entscheidung anging, sei seinerzeit schlecht gewesen. „Deshalb wollen wir die repräsentative Demokratie stärken“, sagte Laschet, der in der NRW-Politik Ruhrkonferenz und die Verhandlungen zum Braunkohleausstieg als Meilensteine markierte. Die Arbeitslosigkeit im Ruhrgebiet liege erstmals seit 1980 unter zehn Prozent, die Ruhrkonferenz sei also keine Krisenkonferenz mehr.
Und: Der Ausstieg aus der Braunkohle sei ein ambitiöses Projekt, für das die Bundesregierung Ersatzleistungen beschaffen müsse. „Der Ausstieg braucht langen Vorlauf mit der Garantie, dass der Strom im Jahr X ausreichend und bezahlbar vorhanden ist und es Zukunftsperspektiven für die Beschäftigten gibt“, sagte Laschet und versprach, beim Bund Sondergesetze für Strukturmaßnahmen zum schnelleren Bauen im Rheinischen Revier zu beantragen.