Deckname „Colak“: PKK-Chef in Düsseldorf vor Gericht
Düsseldorf. Hochbetrieb im Hochsicherheitstrakt: Nebender islamistischen Sauerland-Gruppe wird von diesem Montag an inDüsseldorf auch gegen den mutmaßlichen Deutschland-Chef der verbotenenkurdischen Arbeiterpartei PKK verhandelt.
Die Bundesanwaltschaft wirftdem 48-Jährigen vor, Rädelsführer einer kriminellen Vereinigung gewesenzu sein. Unter dem Decknamen „Hüseyin Colak“ soll er die PKK inDeutschland geführt haben.
Außerdem soll er eine 21-jährige Kurdin mit einer Morddrohung zurAbtreibung gezwungen haben. Die Frau erwartete ein Kind von einemStuttgarter PKK-Funktionär. Die Anklage wirft „Colak“ deswegenbesonders schwere Nötigung vor.
Das Verfahren füllt rund 15 Aktenordner, das Gericht hat 20Verhandlungstage eingeplant. Mit Spannung erwartet der Senat, ob sichder Angeklagte beim Prozessauftakt zu den Vorwürfen äußern wird.Bislang hatte er geschwiegen.
Der 48-Jährige war im Juli vergangenen Jahres in Detmold festgenommenworden. Er soll bis April 2008 Deutschland- Verantwortlicher der PKKgewesen sein. Davor habe er den PKK-Sektor Süd geleitet, hieß es. DiePKK hatte sich 2003 in „Volkskongress Kurdistans“ (Kongra-Gel)umbenannt. Die Führungsebene wird aber von der Bundesanwaltschaft nachwie vor als kriminelle Vereinigung eingestuft.
In jüngster Zeit hatten Sicherheitskreise sich darüber besorgt gezeigt,ob der Gewaltverzicht der PKK in Deutschland Bestand hat. InNordrhein-Westfalen war es unlängst zu einigen Übergriffen auftürkische Einrichtungen gekommen, die die Ermittler bislang aber nichteindeutig der PKK zuordnen konnten. Die Europäische Union und die USAstufen die PKK sogar als terroristisch ein.
Die PKK hatte Deutschland 1993 mit einer Welle von Gewalttatenüberzogen. Ihre Anhänger nahmen Geiseln und warfen Brandsätze auftürkische Einrichtungen.
Mehrere hundert gewalttätige PKK-Aktivistensollen daran beteiligt gewesen sein. Daraufhin wurde die PKK inDeutschland verboten. 1998 erklärte PKK-Führer Abdullah Öcalan einenGewaltverzicht. Im Jahr 1999 wurde Öcalan festgenommen, danach kam esauch in Deutschland erneut zu gewaltsamen Protesten.
In Deutschland verzichtet die PKK seit dem Jahr 2000 auf Gewalt. Inmehreren Gerichtsurteilen war sie daher nur noch als kriminelleVereinigung und nicht mehr als terroristisch eingestuft worden. Die PKKsammelt in Deutschland laut Verfassungsschutz nach wie vor Geld für denbewaffneten Kampf in den Kurdengebieten. Das Geld soll zum Teil ausSchutzgelderpressungen und Drogenhandel stammen. Unter den mehr als500 000 Kurden im Bundesgebiet soll die PKK rund 11 500 Anhänger haben.
Die Arbeiterpartei Kurdistans PKK kämpft seit 1984 für einen eigenenKurden-Staat oder zumindest ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei.In der Auseinandersetzung zwischen PKK und türkischem Militär starbenbis zu 37 000 Menschen.