Die zentralen Abschlussprüfungen in NRW: „Das war doch viel zu schwer“

Bildung: In den Realschulen in NRW ist der Ärger groß über die zentrale Deutsch-Prüfung. Der Vorwurf: Aufgaben wurden vertauscht.

Düsseldorf. Als die Zehntklässler in NRW im Mai in die zentralen Abschlussprüfungen gingen, war für die (meisten) Realschüler die Welt noch in Ordnung. "Die Klausuren in Englisch und Mathematik waren einfacher als beim Start des neuen Prüfungsverfahrens im Vorjahr", sagt der Konrektor einer Realschule im Regierungsbezirk Düsseldorf. Dann kam die Deutschklausur und damit das Chaos.

Verwundert, so der Lehrer, habe man sich die Augen gerieben, als man die Wahlaufgaben von der Homepage des Schulministeriums heruntergeladen habe. So sollten die Zehntklässler einen Auszug aus dem Roman "Blütenstaubzimmer" von Zoe Jenny analysieren. Darin geht es um Jo, die seit der Scheidung beim Vater lebt und ihre Mutter trifft.

"Das war doch viel zu schwer für unsere Schüler", sagt der Konrektor. "Ganz gleich, ob sie Kollegen fragen oder in Internetforen nachschauen - dieser Roman steht klassisch auf dem Stundenplan der zehnten, elften und zwölften Klassen an Gymnasien." Quer durch alle Realschulen sei der Text als unpassend für diese Schulform empfunden worden.

Ganz anders erging es den Gymnasiasten, die sich mit dem Roman "Crazy" von Benjamin Lebert auseinandersetzen durften. In der Geschichte, die in einem Internat spielt, schildert der behinderte Benjamin die Probleme des Erwachsenwerdens. Die Prüfungsaufgabe, die unserer Zeitung vorliegt, enthält interessante Fußnoten - zum besseren Textverständnis. So wird den angehenden Abiturienten erklärt, was man unter "Pausbacken" versteht. Auch das "Canapé" und der "Verdruss" werden übersetzt.

"Gymnasialschulleiter fühlten sich auf den Arm genommen. Da wurden Aufgaben vertauscht", betont der Realschullehrer. Währenddessen können zahlreiche Realschüler wegen der verpatzten Deutschklausur ihren Traum begraben, die Qualifikation für den Übergang in die Oberstufe zu bekommen. An Klagen gegen die Prüfung denken aber die wenigsten, meint der Lehrer: "Unsere Schülerklientel ist anders. Da wird nicht so schnell Einspruch eingelegt."

Das Schulministerium sieht keinen Handlungsbedarf. "Es steht nirgendwo auf dem Klappentext geschrieben, dass das Buch ,Blütenstaubzimmer’ nicht für Realschüler geeignet ist", sagt Sprecher Andrej Priboschek. Die Zehntklässler, die nun entlassen werden, wird das nicht trösten.