Ex-Gefängnis-Chef ist gut versorgt
Erst ernannte Justizminister Kutschaty den Leiter der JVA Bochum, dann feuerte er ihn wieder — zu besten Bedingungen.
Düsseldorf. Eine Serie von Ausbrüchen und Ausbruchsversuchen insbesondere aus der Justizvollzugsanstalt Bochum setzt NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) seit Beginn des Jahres unter Druck. Mehrmals beschäftigte sich der Rechtsausschuss des inzwischen aufgelösten NRW-Landtags mit dem Thema. Dort verkündete Kutschaty dann auch, dass er den Hauptverantwortlichen für die Pannenserie ausgemacht und ihn von dessen Aufgaben entbunden habe — den Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bochum, Friedhelm Ritter von Meißner (64).
Das Pikante dabei: Kutschaty selbst hatte von Meißner erst ein Jahr zuvor, am 31. Januar 2011, zum Chef der JVA Bochum gemacht. Und noch vor wenigen Wochen, am 12. Januar, hatte Kutschaty bei einer Festrede in Hagen dem Volljuristen bescheinigt, im Strafvollzug ein „Vorbild“ zu sein und vieles bewegt zu haben. Kutschaty: „Für das bisher Geleistete danke ich Ihnen sehr.“
Davon ist jetzt plötzlich nicht einmal mehr ansatzweise die Rede: Mit Schreiben vom 23. Februar, das unserer Zeitung vorliegt, verbietet Kutschaty von Meißner die Führung der Dienstgeschäfte gemäß Beamtenstatusgesetz (§ 39 BeamtStG).
Ein solches Verbot ist nach Auskunft des Deutschen Beamtenbundes ein relativ selten genutztes beamtenrechtliches Instrument. Es komme in der Regel nur zum Einsatz bei sehr gravierenden Vorwürfen, die in aller Regel ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen, das mit dem Verlust des Beamtenstatus’ oder zumindest Gehaltskürzungen verbunden ist.
Die vom Justizministerium in der zehn DIN-A-4-Seiten umfassenden Verfügung erhobenen Vorwürfe erscheinen in der Tat sehr schwerwiegend: In gleich mehreren Fällen werden von Meißner „vollzugliche Fehler“ vorgeworfen sowie „fehlerhafte Berichterstattung“ einschließlich bewusster Falschangaben — unterm Strich ein berufliches Todesurteil.
Um seine Zukunft muss von Meißner dennoch nicht fürchten: Er ist gut versorgt. Auf Anfrage bestätigte ein Sprecher des Justizministeriums am Mittwoch, dass von Meißner unter Beibehaltung seiner Bezüge nach A 16 Z (Grundgehalt 6118 Euro plus besondere Zulage von gut 300 Euro) mit Wirkung vom 15. März zum Kriminologischen Dienst NRW abgeordnet wurde. Die Facheinrichtung des Justizministeriums beschäftigt sich mit der „praxisorientierten kriminologischen Forschung zu Problemen, Maßnahmen und Wirkungen des Strafvollzugs“. Dort soll von Meißner eine „wissenschaftliche Evaluierung zum Einweisungsverfahren“ erarbeiten.
Das Angenehme für den Geschassten: Da die Entfernung von seinem Wohnort zu dem Düsseldorfer Institut knapp 150 Kilometer beträgt, darf von Meißner seine Tätigkeit künftig von daheim per Computer erledigen — als „Telearbeitsplatz“. Gleichzeitig gewährt ihm das Ministerium auch noch eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit: Statt im Januar 2013 soll von Meißner erst Ende Juni 2013 in Pension gehen — weil er die Zeit für seine wissenschaftliche Arbeit benötigt, heißt es. Dass dann auch die Zulage als JVA-Leiter auf seine Pension angerechnet werden kann, ist da wohl nur ein Zufall.