Gelsenkirchen: Millionengrab an der Fachhochschule
Subventionsbetrug: Zwei weitere Verhaftungen, aber die Diskussion im Landtag bringt nur wenig Licht in den Skandal um das Gründerzentrum der FH Gelsenkirchen.
Düsseldorf. Der Skandal um die missbräuchliche Verwendung von rund zwölf Millionen Euro Fördergeldern am Gründerzentrum der FH Gelsenkirchen weitet sich aus. Gestern um 13 Uhr wurden Haftbefehle wegen Verdunkelungsgefahr gegen zwei weitere Verdächtige erlassen. Einzelheiten wollte der zuständige Bochumer Staatsanwalt Bernd Bienioßek nicht nennen. Zuvor waren bereits drei Professoren und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachhochschule wegen des Verdachts auf "gewerbs- und bandenmäßigen Subventionsbetrug" in Untersuchungshaft genommen worden.
Nach Informationen unserer Zeitung handelt es sich bei den jetzt Inhaftierten um die Unternehmer Markus Sch. und Thaddäus C. Beide hatten mit ihren Beratungsfirmen nach einem Bericht des Landesrechnungshofes in erheblichem Maße "Beratungshonorare" des Inkubator-Zentrums erhalten: Sch. rund 1,4 Millionen Euro, C. rund 1,1 Millionen.
Im Zusammenhang mit diesen Beratungshonoraren hatte der Landesrechnungshof moniert, dass es "weder Anforderungsprofile noch Qualitätsnachweise oder Referenzen der Berater" gab. Ein gewisses Licht auf die Qualifikation der Berater mag die Tatsache werfen, dass etwa die "Consultig AG" des jetzt in U-Haft genommenen Markus Sch. vom Gründerzentrum selbst als "studentische Unternehmensberatung" bezeichnet wurde, und dass im Aufsichtsrat dieser AG zwei Rentner die Tätigkeit von Vorstand Marcus Sch. kontrollierten - sein Vater Helmut und seine Mutter Marietta.
In einer Sondersitzung des Haushaltskontrollausschusses befasste sich gestern der NRW-Landtag mit den verschwundenen Fördermillionen. Dabei bekräftigte der Landesrechnungshof seine Vorwürfe gegen die seinerzeitige, aber auch die amtierende Landesregierung, die Verwendung der Fördergelder sei mangelhaft kontrolliert worden. Die Leitende Ministerialrätin Ruth Susallek: "Die Feststellungen, die wir getroffen haben, hätte jeder andere am Verfahren Beteiligte auch treffen können."
Dies gelte auch für die nie überprüfte Qualifikation der angeblichen Berater. Als Beispiel nannte sie ein Projekt des Gründungszentrums, bei dem ein Importunternehmen für türkisches Trockenobst aufgebaut werden sollte. Nach fast zweijähriger Beratung und Kosten von knapp 95 000 Euro hatte man festgestellt, dass das Obst nicht den EU-Normen entsprach und deshalb gar nicht importiert werden durfte. Das Projekt wurde dann aufgegeben.
Während sich das durch Staatssekretär Michael Stückradt (FDP) vertretene Wissenschaftsministerium den Vorwürfen anschloss, widersprach WirtschaftsStaatssekretär Jens Baganz (CDU) den Vorwürfen. Dass es trotz Prüfungen durch NRW-Bank, Bezirksregierung und Wirtschaftsprüfer zu dem Skandal kommen konnte, sei "krimineller Energie" zuzurechnen.
In der weiteren Diskussion befassten sich die Ausschussmitglieder im Wesentlichen mit gegenseitigen Schuldvorwürfen: Während Union und FDP auf die Verantwortung der damaligen SPD-Minister Ernst Schwanhold, Harald Schartau, Gabriele Behler und Hannelore Kraft hinwiesen, konterten SPD und Grüne damit, dass auch unter der neuen Landesregierung noch Zuschüsse an das Inkubator-Zentrum geflossen seien.
Als Wolfgang Clement und Peer Steinbrück NRW-Ministerpräsidenten waren, kam in ihren und den Reden von Ministern der rot-grünen Landesregierung häufig das Wort "Leuchtturm" vor. Dabei ging es stets um mit vielen Steuer-Millionen geförderte Projekte. "Leuchtturm" sollte deren Strahlkraft betonen - und die Landesregierung in ein gutes Licht setzen. Das "Inkubator-Zentrum" in Gelsenkirchen war ein solches Leuchtturm-Projekt ebenso wie das "HDO"-Zentrum in Oberhausen. In der Tat strahlen diese Projekte auch heute noch - durch den Widerschein des dort verbrannten Geldes.