Glücksspielstaatsvertrag: Endspiel für die Daddelautomaten

Die Änderung des Glücksspielstaatsvertrages könnte das Aus für einen Großteil der Automatenspielhallen in Nordrhein-Westfalen bedeuten.

Hat es sich bald ausgedaddelt? Mit dem Ende der Übergangsregelung 2017 fürchtet die Branche einen Abbau um 80 Prozent von Standorten und Konzessionen.

Foto: Ole Spata

Düsseldorf. Es wird eng für die Automatenwirtschaft in NRW. 2017 ist die fünfjährige Übergangsphase seit der Änderung des Glücksspielstaatsvertrages abgelaufen, dann könnte das große Spielhallensterben einsetzen. Die Branche fürchtet einen Abbau um 80 Prozent von Standorten und Konzessionen. Und sie schlägt Alarm. Hauptargumente: Verlust der Kontrolle über den Spielerschutz, Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen in den 600 angeschlossenen Mitgliedsunternehmen und Verlust von Steuermillionen für Kommunen.

Die Eckpunkte der neuen Regelung: Pro Standort soll es nur noch eine Konzession geben, zwischen den Spielhallen gilt ein Mindestabstand von 350 Metern. Das NRW-Gesundheitsministerium verteidigt die Novelle. In einem Brief an die Branche äußert sich Ministerin Barbara Steffens: „Mir ist durchaus bewusst, dass sich bei Umsetzung der aus suchtpräventiver Sicht notwendigen gesetzlichen Änderungen zum Automatenspiel negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung der Automatenbranche nicht gänzlich ausschließen lassen. Der wirksame Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor den Gefahren der Glücksspielsucht muss jedoch Vorrang haben.“ Der Entwurf geht Steffens nicht weit genug. Sie fordert zusätzlich eine Spielersperrdatei nach dem Vorbild Hessens.

Der Deutsche Automatenverband warnt vor illegalen Spielangeboten

Die angedachte quantitative Regelung ist derweil für Burkhard Revers, Vorstand im Deutschen Automatenverband (DAV), das falsche Instrument: „Der radikale Einschnitt in die Spielstättenlandschaft wird nicht dazu führen, dass Menschen weniger spielen. Vielmehr werden sie zu illegalen Angeboten, also in den Dritten Markt, abwandern und sich verstärkt dem unkontrollierbaren Onlinespiel zuwenden.“ Die Intention des Glücksspielstaatsvertrages, so die Argumentation des Automatenverbandes, also das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, seien richtig und nachvollziehbar. Aber: „Das geht nicht ohne uns. In unseren Spielstätten sind Sozial- und Präventionskonzepte etabliert und werden von qualifiziertem Personal umgesetzt. Wir lassen uns regelmäßig vom Tüv prüfen.“

Außerdem verweist der DAV darauf, Cash-Cow für städtische Haushalte zu sein und bemüht ein „Abstands-Tool“ zur Berechnung, wie viele Standorte in welcher Stadt noch erlaubt wären. Düsseldorf etwa plant 2016 mit Einnahmen aus der Vergnügungssteuer (inkl. Wettbürosteuer) von zehn Millionen Euro. Davon erbringen die Geldspielgeräte 85 Prozent. In der Landeshauptstadt gibt es derzeit insgesamt etwa 102 Betriebe, übrig blieben nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages gerade noch elf.

Von 63 Spielhallen in Krefeld bleiben am Ende nur neun übrig Krefeld fiele von 63 Hallen auf neun, dort rechnet man derzeit mit 4,9 Millionen Euro Vergnügungssteuer, von denen 99 Prozent auf Spielautomaten entfallen. In Essen würden statt bislang 119 Spielhallen nur noch 14 betrieben. Die Stadtverwaltung plant für 2016 noch einmal mit 9,3 Millionen Euro Vergnügungssteuer. Das Bergische Wuppertal zählt derzeit 67 Standorte mit 89 Konzessionen und 6,4 Millionen Steuereinnahmen auf Spielautomaten.

In den Verwaltungen gibt man sich gelassen. In Solingen etwa heißt es, es handele sich bei Regelungen um Kann-Bestimmungen, „die immer auch eine Bewertung des Einzelfalls erfordern“. So gebe es Härtefallregelungen und Bestandsschutz. In Wuppertal sind sie sich noch nicht einig, welche Hintertürchen zugeworfen werden können. „Das ist noch nicht so ausgegoren“, sagt eine Sprecherin. Ein Härtefall könnte zum Beispiel eine Großinvestition kurz vor Inkrafttreten der Regelung sein.

Entscheidungen über Ausnahmen werden in Kommunen getroffen

In der Staatskanzlei wird das grundlegend bestätigt, aber: „Die Spielhallenbetreiber müssen spätestens zum Ablauf der gesetzlichen Übergangsfrist im Jahr 2017 von sich aus eine neue glücksspielrechtliche Genehmigung beantragen. Ein Betrieb ohne Erlaubnis ist ordnungswidrig. Werden die Genehmigungsvoraussetzungen nicht erfüllt, versagen die örtlichen Behörden die Erlaubnis.“ Die Entscheidung über Ausnahmen bei unbilligen Härten müsse vor Ort fallen, man wolle die Kommunen unterstützen und noch „Hinweise zum Vollzug“ zukommen lassen. „In der Tat ist zu erwarten, dass in Zukunft zahlreiche Spielhallen nicht mehr genehmigt werden können.“

Wie viele genau, lasse sich heute noch nicht sagen. Dafür soviel: „In der Tat ist zu erwarten, dass in Zukunft zahlreiche Spielhallen nicht mehr genehmigt werden können.“ In der Branche gebe es klare Ideen, wie die Spielhalle der Zukunft aussehen könnte.

Diese, und bestimmt auch mancher Kämmerer, schauen gespannt in die Bundeshauptstadt. Berlin wird die Änderungen im Glücksspielstaatsvertrag im Juni als erstes Bundesland umsetzen.