Integration: Laschet widerspricht Erdogan

NRW-Minister erinnert den türkischen Premier an den Druck, dem Christen in der Türkei ausgesetzt sind.

Düsseldorf. Der Kölner Auftritt des türkischen Premierministers Recep Tayyip Erdogan sorgt auch vier Tage nach dem Ereignis für jede Menge Gesprächsstoff in der deutschen Innenpolitik. Die Zahl der Kritiker an den Äußerungen Erdogans überwiegt. Dazu zählt nun auch Armin Laschet (CDU), seines Zeichens Integrationsminister in NRW und quasi hauptberuflicher Ausländer-Versteher. Er ist gar nicht erfreut über die Auslassungen Erdogans.

"Niemand übt auf Türkischstämmige in Deutschland Assimilationsdruck aus. Wir sind in Deutschland in dieser Debatte schon seit Jahren viel weiter", sagte Laschet unserer Zeitung. Erdogan hatte vehement vor einer Assimilation der Türken in die deutsche Gesellschaft gewarnt. Im Gegenteil müssten seine Landsleute zu ihrer Herkunft und Sprache stehen. Erdogan ermunterte die Türken zwar dazu, Deutsch zu lernen, forderte aber auch türkische Schulen.

Die Tonlage ist also durchaus verschärft, was wiederum die Gegenseite auf den Plan ruft. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verteidigte Erdogan. Der habe sich bei seinem Deutschlandbesuch "in klaren Worten zu einem solidarischen Miteinander" zwischen Türken und Deutschen ausgesprochen.

CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer forderte hingegen von den Migranten ein Mindestmaß an Anpassung. Sie drohte mit der Kürzung von Sozialleistungen, wenn Einwanderer nicht an Integrationskursen teilnehmen.

Die türkische Stadt Gaziantep, wo die neun Opfer der Ludwigshafener Brandkatastrophe bestattet wurden, strebt unterdessen eine Städtepartnerschaft mit Ludwigshafen an. Das kündigte der dortige Bürgermeister Asim Güzelbey an. Zudem will Güzelbey nach Ludwigshafen reisen, um Polizisten und Feuerwehrleute für ihren Einsatz auszuzeichnen.

Ob Putin oder Bush: Keiner der Staatslenker selbsternannter oder tatsächlicher Supermächte hat bei seinen Deutschlandbesuchen zuletzt für mehr Aufregung gesorgt als nun Erdogan. Der Regierungschef vom Bosporus hat zweierlei getan: in Ludwigshafen das Notwendige gesagt, in Köln zum Teil dummes Zeug erzählt. Wer hier lebt, sollte die deutsche Sprache sprechen. Das ist nach fast 50 Jahren Einwanderungsgeschichte endlich der gemeinsame Nenner der deutschen Politik. Wenn Erdogan das schon als Assimilationsdruck bezeichnet, hat er keine Ahnung, wovon er redet. Die Türken genießen hier volle Religions- und Niederlassungsfreiheit - eine Selbstverständlichkeit in einem zivilisierten europäischen Land des 21. Jahrhunderts. Der türkische Premier zwingt mit seinen Aussagen die Politiker nun dazu, Position zu beziehen. Dabei muss niemand ein schlechtes Gewissen haben, wenn er mal sagt: Herr Erdogan, Sie liegen völlig falsch.