Kommentar: Respekt vor den Opfern

In Afghanistan herrscht Krieg. Im Norden wie im Süden. Die Bundeswehr wird als Kriegspartei wahrgenommen, nicht als Wiederaufbau-Kommando. Das ist uns am Mittwoch auf schreckliche Weise vor Augen geführt worden - wieder einmal.

Die Nadelstiche gegen deutsche Soldaten sind gezielt. Und sie nehmen zu. In Kundus saßen bis vor wenigen Jahren 30.000 Taliban-, El Kaida-, pakistanische und tschetschenische Terroristen. Die Netzwerke bestehen weiter, und die Anführer wissen: In Berlin wird im Herbst über eine Aufstockung der Afghanistan-Truppe entschieden.

Wut ist ein schlechter politischer Ratgeber. Wer aus tagesaktueller Betroffenheit folgert, die Bundeswehr müsse nun aus Afghanistan abgezogen werden, tut den Soldaten vor Ort bitter unrecht. Die verlassen sich darauf, dass das Parlament hinter ihnen steht, weil sie für eine gerechte Sache Leib und Leben riskieren.

Genau da aber liegt der Schwachpunkt unserer Auslandseinsatz-Politik: im Verdrängen. Deutschland ist nicht vorbereitet auf eine Armee im Krieg, auf Verwundete und Tote. Auch die Antwort auf die Frage, welche Freiheit da am Hindukusch verteidigt wird, gehört auf die Tagesordnung des Bundestages, wenn es im September um Afghanistan geht. Das gebietet schon der Respekt vor den Bundeswehr-Opfern in Kundus und anderswo auf der Welt.