CDU-Parteitag Laschet geht langsam in Stellung

Der Landesparteitag der NRW-CDU wird ein Heimspiel für den Vorsitzenden - nicht nur wegen des Ortes.

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Aachen. Eigentlich wäre die Gelegenheit günstig: Die innerparteiliche Kritik an Armin Laschet ist nahezu verstummt, gleichzeitig steht Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in der öffentlichen Wahrnehmung so schwach da, wie nie zuvor in ihrer bereits sechsjährigen Regierungszeit. Was also hindert Armin Laschet daran, sich am Samstag auf dem Landesparteitag in seiner Heimatstadt Aachen zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl küren zu lassen?

Vermutlich Klugheit und der Mangel an Notwendigkeit. In den Umfragen liegen CDU und SPD aktuell gleichauf bei 31 Prozent. Das ist für die CDU in NRW eine ordentliche Basis und für die SPD eine mittelschwere Katastrophe. Deren politisches Personal hofft weiter auf Hannelore Kraft, versteht die offenbar teils einsamen Entscheidungen der Ministerpräsidentin derzeit jedoch nicht. Ihre Stunde der Wahrheit schlägt spätestens auf dem SPD-Landesparteitag am 24. September in Bochum, wenn der Parteivorstand neu gewählt wird. Aktuell deutet wenig darauf hin, dass Kraft schnell zu alter Form zurückfindet. Warum sollte Laschet vor ihr starten?

Vorerst reicht ihm am Samstag ein ordentliches Ergebnis bei der Wiederwahl zum Landesvorsitzenden. Das dürfte er bekommen. Es gibt keine Gegenkandidaten, aktuell noch nicht einmal solche, die sich (vernehmbar) dafür halten. Und es gibt keine Diskussionen um ihn.

Das war vor einem Jahr, als die NRW-CDU in Essen ihr Grundsatzprogramm beschloss, noch völlig anders: Laschet stand aufgrund der sogenannten Notenaffäre einigermaßen unter Druck, den er durch ungeschickte Erklärungen noch vergrößerte. Auch folgte die Partei ihrem Vorsitzenden beim Programmbeschluss nicht in seiner liberalen Haltung gegenüber Muslimen und dem Islam. Pünktlich zum Parteitag platzierte der „Spiegel“ zudem eine Geschichte, in der Laschet vorgeworfen wurde, in seiner Zeit als NRW-Integrationsminister 2009 umfangreich und unrechtmäßig die Hilfe von Mitarbeiterinnen für sein Buch „Die Aufsteiger-Republik“ in Anspruch genommen zu haben; der Angriff verpuffte.

Über das aktuell von Laschet herausgegebene Buch „Europa im Schicksalsjahr“ spricht und schreibt kaum jemand: Aus Anlass der Karlspreis-Verleihung an Papst Franziskus entstanden, ist Laschet dabei das Kunststück gelungen, durchaus nicht völlig widerspruchsfreie Aufsätze von Angela Merkel und Helmut Kohl in einem Band zu vereinigen und etliche prominente Autoren mit ins Boot zu holen, darunter EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). Unsichtbarer Untertitel des Herausgebers: Ich kann zusammenführen.

Das ist eine wichtige Voraussetzung für das vor Laschet liegende Jahr. Denn die CDU Nordrhein-Westfalens ist nicht bloß ein Landesverband von 16 Landesverbänden. Die NRW-CDU repräsentiert ein Drittel der CDU Deutschlands. Die NRW-Gruppe in der Bundestagstagsfraktion ist eine mächtige Bank. Die Bundesvorsitzenden von wichtigen Interessens-Vereinigungen innerhalb der CDU stammen aus NRW und wollen ebenfalls eingebunden sein. Das alles verleiht dem CDU-Vorsitz in NRW zwar eine gewisse Machtfülle. Diese ist aber daran gekettet, viele Personen und Interessen mitzunehmen und zu berücksichtigen. Das schränkt die Bewegungsfreiheit ein, schließt hektische Bewegungen aus und kostet Zeit.

Laschet kommt das in Wahrheit entgegen. Denn der künftige Spitzenkandidat ist lernfähig. Noch im vergangenen Winter maulte es aus der CDU-Landtagsfraktion, der Vorsitzende zeige zu wenig Profil, vor allem auf den Themenfeldern Innere Sicherheit und Wirtschaftspolitik. Was steht also auf den ersten Plätzen des Leitantrags, über den die Landes-CDU in Aachen abstimmt? Richtig: „Für ein sicheres Nordrhein-Westfalen“ und „Wirtschaft stärken und Wohlstand schaffen“. Danach kommt Infrastruktur, erst dann Bildung, schließlich Familienpolitik und dann die Finanzen.

Die Worte „Muslime“ und „Islam“ kommen im Text nicht vor, dafür die „islamistische Bedrohung“ gleich zweimal, Integration nur als Kostenherausforderung und Bildungsaufgabe. Lediglich einmal steht das Wort Flüchtlinge im Text. Amin Laschet hat in den vergangenen Monaten als einzig vernehmbarer CDU-Landeschef gezeigt, dass er konsequent und verlässlich zur Kanzlerin steht. Aber er hat es nicht jeden Tag betont, wenn er es nicht musste. Er hat ein gutes Gespür dafür entwickelt, was die Partei mitmacht, wenn man es nicht übertreibt. Aachen wird sein Heimspiel.